VKU zu MPK-Beschlüssen: Bitte keinen Vertrag „zu Lasten Dritter“ - nicht das Blaue vom Himmel versprechen 03.11.22

Berlin, 03.11.2022. Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), zu den Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz:

„Es ist richtig, dass Bund und Länder Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen entlasten wollen. Stadtwerke haben ein fundamentales Interesse an schnell wirksamen Entlastungen und tun dafür alles in ihrer Macht Stehende. Sie sind es, die die Preisbremsen in die Praxis umsetzen müssen.

Insbesondere die Länder fordern jetzt einen früheren Start: Sie müssen diesen aber nicht mit ihren Verwaltungen umsetzen. Und schließen mit ihrem Kompromiss buchstäblich einen Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich der Stadtwerke. Wir haben immer vor überzogenen Erwartungen und vor zu komplexen Lösungen gewarnt. Es ist gefährlich, dass das überhört wird. Denn wenn die Preisbremsen aus vorher bekannten technischen Gründen scheitern, schädigt das zuvorderst die Glaubwürdigkeit staatlichen Krisenmanagements.

Die Zeit drängt: Wenn es schneller gehen soll, muss es bei den Preisbremsen einfacher erfolgen. Wir appellieren an Politik, die operative und technische Machbarkeit bei den Preisbremsen zu berücksichtigen und nicht buchstäblich „das Blaue vom Himmel“ zu versprechen. Sonst sind Enttäuschungen vorprogrammiert.

Gut ist, dass sich Bund und Länder auf erste Ansätze für einen Schutzschirm für Stadtwerke verständigt haben, auf den wir seit langem hinweisen. Nun muss Politik diesen Schutzschirm schnell aufspannen – und die noch offenen Fragen beantworten. Es fehlt etwa ein staatlicher Garantierahmen mit Bürgschaften für den außerbörslichen Handel, in dem Stadtwerke aktiv sind. Ein wirksamer Schutzschirm für Stadtwerke ist auch vor allem deshalb wichtig, weil er die Energieversorgung von Mittelstand absichert.“

Hintergrund/Details:

Preisbremsen – Beschluss ist wie ein „Vertrag zu Lasten Dritter“

So wie die Preisbremsen aktuell konzipiert und vorgesehen sind, können die kommunalen Versorger sie frühestens ab März 2023 umsetzen. Darauf weist auch die Experten-Kommission Gas und Wärme hin. Wir warnen ausdrücklich vor einem früheren Start bzw. Rückwirkung der Preisbremsen - insbesondere vor einer Strompreisbremse zum 1. Januar 2023 oder auch einer rückwirkenden Gaspreisbremse. Dies ist operativ so nicht umsetzbar – also nicht machbar. Wenn Politik das Blaue vom Himmel verspricht, droht bei der Umsetzung eine harte Landung auf dem Boden der Tatsachen.

Wenn es für Februar oder einen früheren Zeitpunkt weitere Entlastung geben soll, dann muss die Lösung so pauschal und einfach wie möglich sein. Machbar wäre etwa eine Wiederholung der Dezember-Lösung, obgleich diese auch schon sehr aufwendig ist.

Schutzschirm – jetzt aufspannen, offene Themen anpacken

Die Risiken an den Energiemärkten sind stark erhöht. Exorbitant gestiegene Preise und Zwischenfinanzierungsaufwände erhöhen den Liquiditäts-Bedarf massiv. Zudem fordern Importeure und Großhändler immer höhere Sicherheitsleistungen im außerbörslichen Handel, der dadurch auszutrocknen droht. Es gibt kaum noch Angebote. Beides zusammen führte in den vergangenen Monaten immer häufiger dazu, dass Stadtwerke vor allem mittelständischen Unternehmen keine Anschlussverträge anbieten konnten.

Wir begrüßen, dass Bund und Länder den Handlungsbedarf erkannt und einen Schutzschirm für Stadtwerke angekündigt haben. Doch nun muss es darum gehen, den Schutzschirm schnell aufzuspannen – und dazu noch bestehende Flanken zu schließen.

Dass Stadtwerke vorübergehende Liquiditätsbedarfe über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), andere Förderbanken oder vergleichbare Einrichtungen decken können, ist sinnvoll und hilfreich.

Es fehlt jedoch unter anderem ein Garantierahmen für den außerbörslichen Handel. Bislang gibt es nur Liquiditätshilfen für Sicherheiten im Börsenhandel, die die Stadtwerke noch nicht einmal sinnvoll nutzen können. Zugleich ist der außerbörsliche Handel der wichtigste Handelsplatz für die Stadtwerke. Dazu fehlt ein Insolvenzmoratorium und für den Fall steigender Zahlungsausfälle eine Unterstützung der Energieversorger zur Bewältigung dieser Kriegsfolgen. Diese offenen Flanken sollte der Bund schnell schließen. Davon würden auch der Mittelstand und die Industrie profitieren.

 

Der Verband kommunaler Unternehmen e. V. (VKU) vertritt über 1.500 Stadtwerke und kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft sowie Telekommunikation. Mit rund 283.000 Beschäftigten wurden 2019 Umsatzerlöse von 123 Milliarden Euro erwirtschaftet und mehr als 13 Milliarden Euro investiert. Im Endkundensegment haben die VKU-Mitgliedsunternehmen signifikante Marktanteile in zentralen Ver- und Entsorgungsbereichen: Strom 62 Prozent, Gas 67 Prozent, Trinkwasser 91 Prozent, Wärme 79 Prozent, Abwasser 45 Prozent. Sie entsorgen jeden Tag 31.500 Tonnen Abfall und tragen durch getrennte Sammlung entscheidend dazu bei, dass Deutschland mit 67 Prozent die höchste Recyclingquote in der Europäischen Union hat. Immer mehr Mitgliedsunternehmen engagieren sich im Breitbandausbau: 203 Unternehmen investieren pro Jahr über 700 Millionen Euro. Beim Breitbandausbau setzen 92 Prozent der Unternehmen auf Glasfaser bis mindestens ins Gebäude. Wir halten Deutschland am Laufen – klimaneutral, leistungsstark, lebenswert. Unser Beitrag für heute und morgen: #Daseinsvorsorge. Unsere Positionen: 2030plus.vku.de.