„Nur mit einem gemeinsamen Regulierungsrahmen kommen wir beim Wasserstoff voran“
VKU-Chef Ingbert Liebing zur Einigung der Koalition über Wasserstoffnetze 02.06.21

Berlin, 02.06.2021. „Wasserstoff kann das zentrale Bindeglied zwischen den Sektoren Strom, Wärme und Verkehr werden, weil es als CO2-neutrale und speicherbare Energiequelle über die bestehenden Gasverteilnetze in der Fläche nutzbar gemacht und produziert werden kann. Das ist eine enorme Chance.

Doch wer den Leuchtturm am Horizont sieht, ist noch lange nicht im sicheren (Klima-)Hafen: Im nächsten Schritt sollte die Bundesregierung deshalb mit geeigneten Rahmenbedingungen dafür sorgen, das gesamte Wasserstoff-Potenzial unseres Landes zu heben - auch was die zugrunde liegende Infrastruktur betrifft. Die kommunalen Netzbetreiber können die künftigen Wasserstoffnetze organisch aus der bestehenden (Erd-)Gasinfrastruktur entwickeln. Für Wasserstoff müssen wir zumeist kein neues Netz erfinden: Es reicht, wenn unser bewährtes Netz ein Upgrade bekommt. Das ist ein milliardenschweres Investment, kommt aber bedeutend günstiger als der Aufbau einer neuen separaten H2-Infrastruktur und wäre vor allem sehr viel schneller zu haben. Denn die Kapazitäten der Bauwirtschaft und die Akzeptanz für umfangreiche Bauarbeiten vor Ort sind begrenzt. Für ein solches pragmatisches Infrastruktur-Upgrade zu Wasserstoffnetzen brauchen kommunale Netzbetreiber aber jetzt Rechts-, Planungs- und damit Investitionssicherheit durch entsprechende Regulierungsvorgaben. Ein gemeinsamer Regulierungsrahmen für Gas- und Wasserstoffnetze - einfach umzusetzen mit einer Erweiterung des Gasbegriffes in der aktuellen Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes - ist hierfür eine wichtige Weichenstellung.

Die Koalition hat sich nun darauf verständigt, wie Erdgas- und Wasserstoffnetze künftig aufgebaut und finanziert werden sollen. Die heute in Medien kolportierten Vorschläge begrüßen wir ausdrücklich. Eine klare Zielformulierung im Gesetz für einen gemeinsamen regulatorischen Rahmen zur Finanzierung der Gas- und der Wasserstoffnetze stellt die richtigen Weichen. Eine regulatorische Trennung von Wasserstoff- und Gasnetzen löst ansonsten unweigerlich eine Investitionszurückhaltung bei den Netzbetreibern aus. Und weil für die Verteilnetzbetreiber bereits heute keine europarechtlichen Einschränkungen existieren, fordern die Berichterstatter der Regierungsfraktionen in einem Entschließungsantrag deshalb zu Recht, den einschlägigen EU-Rechtsrahmen anzupassen.“

Damit Wasserstoff zu einem Erfolg wird, braucht es unserer Meinung nach zwei Voraussetzungen:

  • Erstens: Die Infrastruktur muss sich organisch aus der bestehenden Gasnetzinfrastruktur heraus entwickeln können. Das bietet den unschätzbaren Vorteil, dass sehr schnell dezentrale Wasserstofferzeugung genutzt werden kann und eine Vielzahl innovative Lösungen vor Ort möglich werden. Dafür braucht es einen einfachen und deshalb auch einheitlichen Regulierungsrahmen durch einen erweiterten Gasbegriff im EnWG.
  • Zweitens brauchen wir Technologieoffenheit. Im Energiewirtschaftsgesetz sollte nicht nur Wasserstoff, der aus Elektrolyse erzeugt worden ist, berücksichtigt werden. Warum? „Grüner Wasserstoff“ auf Elektrolyse-Basis ist aktuell noch zu kostenintensiv und in zu geringen Mengen verfügbar, um schnell im Markt anzukommen. Deshalb sollten weitere klimaneutrale Erzeugungsmöglichkeiten im EnWG berücksichtigt werden. Dabei können und müssen schutzwürdige Belange wie die Sicherheit der öffentlichen Trinkwasserversorgung Vorrang haben.

 

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) vertritt über 1.500 Stadtwerke und kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft sowie Telekommunikation. Mit mehr als 275.000 Beschäftigten wurden 2018 Umsatzerlöse von rund 119 Milliarden Euro erwirtschaftet und mehr als 12 Milliarden Euro investiert. Im Endkundensegment haben die VKU-Mitgliedsunternehmen große Marktanteile in zentralen Ver- und Entsorgungsbereichen: Strom 62 Prozent, Erdgas 67 Prozent, Trinkwasser 90 Prozent, Wärme 74 Prozent, Abwasser 44 Prozent. Sie entsorgen jeden Tag 31.500 Tonnen Abfall und tragen durch getrennte Sammlung entscheidend dazu bei, dass Deutschland mit 67 Prozent die höchste Recyclingquote in der Europäischen Union hat. Immer mehr kommunale Unternehmen engagieren sich im Breitbandausbau. 190 Unternehmen investieren pro Jahr über 450 Mio. EUR. Sie steigern jährlich ihre Investitionen um rund 30 Prozent. Beim Breitbandausbau setzen 93 Prozent der Unternehmen auf Glasfaser bis mindestens ins Gebäude.