Umsetzung der EU-Richtlinie für emissionsarme Fahrzeuge darf die Kommunen nicht überfordern 20.01.21

Berlin, 20. Januar 2021. Das Bundeskabinett hat heute über den Regierungsentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Förderung sauberer und emissionsfreier Straßenfahrzeuge in den Kommunen beraten. Der Deutsche Städtetag, der Deutsche Landkreistag, der Deutsche Städte- und Gemeindebund sowie der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) und der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) begrüßen die Richtlinie als wichtigen Impuls für den Einsatz alternativer Antriebe in kommunalen Fuhrparks sowie bei ÖPNV-Linienbussen und plädieren im Sinne der Kosteneffizienz und wirksamer Einsatzmöglichkeiten für eine größtmögliche Flexibilität für öffentliche Auftraggeber und eine deutschlandweite Quote.

Die Verbände hätten sich im aktuellen Entwurf eine Klarstellung gewünscht, dass die Quote auf Bundesebene summiert und damit gemeinsam erreicht werden kann, statt diese – ungeachtet der strukturellen Voraussetzungen vor Ort – für jede einzelne Beschaffung vorzuschreiben. Dies führe letztlich bei den öffentlichen Auftraggebern zu einem zusätzlichen und erhöhten administrativen Aufwand, der durch eine deutschlandweite Quotenregelung auf Bundesebene vermieden würde. Dazu sagten die Präsidenten Oberbürgermeister Burkhard Jung (Deutscher Städtetag), Landrat Reinhard Sager (Deutscher Landkreistag), Bürgermeister Ralph Spiegler (Deutscher Städte- und Gemeindebund), Oberbürgermeister Michael Ebling (VKU) und Ingo Wortmann (VDV): „Das brächte speziell für ländliche Kommunen unverhältnismäßige Belastungen mit sich. Denn für den dortigen Einsatz sind Fahrzeuge mit hohen Reichweiten notwendig. Speziell in den schweren Fahrzeugklassen wie bei Müllsammelfahrzeugen oder Bussen für den öffentlichen Nahverkehr sind kaum passende Fahrzeuge am Markt verfügbar. Und selbst wenn es sie gäbe, wären einige davon mindestens dreimal teurer als herkömmliche Fahrzeuge. Dabei wären Netze und Ladestationen noch nicht mit eingerechnet.“

Wenn jeder kommunale Auftraggeber gesetzlich verpflichtet würde, die Quote individuell zu erfüllen, drohten möglicherweise Einschränkungen im ÖPNV-Angebot oder Tariferhöhungen. „Dies widerspräche den Zielen des Klimaschutzes und gleichwertiger Lebensverhältnisse und widerspräche einem sparsamen Einsatz öffentlicher Mittel“, so die fünf Präsidenten. Die von der EU vorgegebene nationale Quote an sauberen und emissionsfreien Fahrzeugen werde auch mit einer flexiblen Lösung erreicht. „In den Ballungszentren wird der Anteil der Elektromobilität stark ansteigen. Mit ausreichenden Fördermitteln werden die Quoten aller Voraussicht nach sogar übererfüllt“, so Jung, Sager, Spiegler, Ebling und Wortmann. Gerade ländliche Gebiete dürften jetzt nicht überstrapaziert werden. „Deshalb brauchen wir eine deutschlandweite Quote, die es ermöglicht, die Kräfte dort zu bündeln, wo es finanziell und ökologisch am sinnvollsten ist. Zudem bedarf es ausreichender Fördermittel, um den Systemwechsel in den Kommunen zu unterstützen.“

Hintergrund:

Die sogenannte Clean-Vehicles-Richtlinie der EU definiert Mindestziele für die öffentliche Auftragsvergabe, indem sie Quoten für die Beschaffung von sauberen sowie emissionsfreien Fahrzeugen vorschreibt. Demnach müssen beispielsweise in Deutschland ab August 2021 mindestens 45 Prozent aller neu anzuschaffenden Linienbusse „saubere“ Fahrzeuge im Sinne der Richtlinie sein, für Lkw gilt eine Quote von 10 Prozent. Ab Jahresbeginn 2026 gelten 65 Prozent für Busse und 15 Prozent für Lkw. Für Busse im ÖPNV gilt zudem: Die Hälfte davon muss wiederum komplett emissionsfreie Antriebe haben. Während für Busse und schwere Nutzfahrzeuge/Lkw die Nutzung alternativer Kraftstoffe für die Definition „sauberer“ Fahrzeuge zugrunde liegt, werden für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge Grenzwerte zu CO2- und Luftschadstoffemissionen herangezogen. So gelten für diese Fahrzeugklassen von August 2021 an 38,5 Prozent Anteil an den Neubeschaffungen. Umzusetzen sind die Vorgaben von öffentlichen Auftraggebern, Gebietskörperschaften oder zentralen Regierungsbehörden sowie in bestimmten Fällen öffentlichen und privaten Unternehmen der Energie- und Wasserversorgung, der Postdienste, der Verkehrsleistungen in der Bereitstellung oder dem Betreiben von Netzen zur Versorgung oder der Allgemeinheit mit Verkehrsleistungen.

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Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) vertritt rund 1.500 Stadtwerke und kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft sowie Telekommunikation. Mit mehr als 275.000 Beschäftigten wurden 2018 Umsatzerlöse von rund 119 Milliarden Euro erwirtschaftet und mehr als 12 Milliarden Euro investiert. Im Endkundensegment haben die VKU-Mitgliedsunternehmen große Marktanteile in zentralen Ver- und Entsorgungsbereichen: Strom 62 Prozent, Erdgas 67 Prozent, Trinkwasser 90 Prozent, Wärme 74 Prozent, Abwasser 44 Prozent. Sie entsorgen jeden Tag 31.500 Tonnen Abfall und tragen durch getrennte Sammlung entscheidend dazu bei, dass Deutschland mit 67 Prozent die höchste Recyclingquote in der Europäischen Union hat. Immer mehr kommunale Unternehmen engagieren sich im Breitbandausbau. 190 Unternehmen investieren pro Jahr über 450 Mio. EUR. Sie steigern jährlich ihre Investitionen um rund 30 Prozent. Beim Breitbandausbau setzen 93 Prozent der Unternehmen auf Glasfaser bis mindestens ins Gebäude.