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Dresden, 23. September 2025. Vergangene Woche hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) den lang erwarteten Monitoring-Bericht zum Stand der Energiewende vorgelegt. Neben einer wissenschaftlichen Einordnung durch die Institute BET und EWI stellte Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche einen Maßnahmenplan mit zehn zentralen Punkten vor, die als Grundlage für die Umsetzung der Berichtsergebnisse dienen sollen.
Aus Sicht der kommunalen Energiewirtschaft (VKU) und der sozial orientierten Wohnungswirtschaft (VSWG und vdw Sachsen) ist dies ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Doch beide Branchen mahnen: Der eingeschlagene Kurs allein reicht nicht aus – entscheidend ist das Ziel.
Stimmen der Verbände
„Eine Kursänderung ist zu begrüßen, doch das Ziel bleibt, die Investitionskosten so zu steuern, dass die Energie-Betriebskosten für unsere Mieter und Mitglieder auch künftig tragbar bleiben. Nur so entsteht ein tragfähiges Gesamtkonstrukt“, betont Mirjam Philipp, Vorstand des VSWG.
Alexander Müller, Verbandsdirektor des vdw Sachsen, unterstreicht: „Energiewirtschaft und Wohnungswirtschaft sitzen in einem Boot. Wir tragen Verantwortung nur gemeinsam – für Klimaschutz, Versorgungssicherheit und bezahlbares Wohnen. Die Energiewende gelingt nicht durch Wunschdenken, sondern nur durch realistische Planung und Technologieoffenheit. Wer unsere Mitgliedsunternehmen überfordert, gefährdet am Ende die soziale Balance am Wohnungsmarkt.“
Dr. Florian Gräßler, Geschäftsführer der VKU-Landesgruppe Sachsen, ergänzt: „Ohne eine entschlossene und strikt auf die System- und Kosteneffizienz ausgerichtete Politik werden die Transformationskosten volkswirtschaftlich nicht aufzubringen sein. Jetzt ist Machen und Tempo gefragt, damit wir von der Analyse zügig in die konkrete Umsetzung von Empfehlungen kommen – die Gesamtkosten müssen runter.“
Schlüsselmaßnahmen mit besonderer Bedeutung für Sachsen
Für die sächsische Wohnungswirtschaft sind aus dem Maßnahmenpaket des BMWK insbesondere die Punkte ehrliche Bedarfsermittlung, Planungsrealismus und Technologieoffenheit von zentraler Bedeutung.
„Für uns steht an erster Stelle die Versorgungssicherheit“, so Philipp. „Mehr als 70 Prozent unserer Mitgliedsunternehmen setzen in Sachsen auf Fernwärme – bundesweit sind es lediglich rund 14 Prozent. Diese Abhängigkeit bedeutet einerseits Sicherheit, andererseits dürfen unrealistische gesetzliche Anforderungen nicht zu einer Verteuerung der warmen Betriebskosten führen. Verantwortung für faire Kosten tragen wir alle – Energieversorger und sozial orientierte Vermieter gemeinsam.“
Auch Alexander Müller mahnt: „Sachsen ist ein Land der Fernwärme. Wer hier die Regeln überspannt, trifft nicht Konzerne, sondern die Menschen in unseren Städten. Wir brauchen Lösungen, die Versorgung sichern, Netze zukunftsfähig machen und gleichzeitig bezahlbar bleiben.“
Dr. Florian Gräßler betont: „Der Ausbau der Wärmenetze ist und bleibt eine richtige Maßnahme, um die Klimaziele zu erreichen. Allerdings sind Wirtschaftlichkeit und Akzeptanz entscheidend, sonst werden die Stadtwerke nicht liefern können. Eine schlanke wie effiziente Regulierung und ein sicherer Förderrahmen sind politisch Pflicht, damit Wärmenetze wachsen bzw. entstehen können.“
Ausbau erneuerbarer Energien: Chancen und Herausforderungen
Auch beim Ausbau erneuerbarer Energien sieht die Wohnungswirtschaft dringenden Handlungsbedarf. Der massive zusätzliche Strombedarf für Wärmepumpen etwa stellt die bestehenden Netze vor enorme Herausforderungen. „Die dafür notwendige Infrastruktur ist vielerorts nicht ausgelegt – das hat der GdW bereits mit klaren Zahlen belegt“, erinnert Mirjam Philipp.
Alexander Müller ergänzt: „Ohne Netzausbau und flexible Lösungen riskieren wir eine Schieflage der Energiewende. Wir brauchen keine Überbietungswettbewerbe bei Zielzahlen, sondern einen klaren Realismus: Erst die Infrastruktur, dann die flächendeckende Umsetzung. Alles andere gefährdet Akzeptanz und Vertrauen.“
„Der Ausbau der Netze und der erneuerbaren Energien muss besser aufeinander abgestimmt werden, um für mehr Kosteneffizienz und Systemdienlichkeit zu sorgen. Zugleich ist eine Reform der Netzentgelte dringend geboten, die einen verursachergerechten wie fairen Ausgleich von Netzbetreiber- und Verbraucherinteressen leisten kann“, so Dr. Florian Gräßler.
In Sachsen sind 63 Stadtwerke und kommunale Unternehmen im VKU organisiert. Sie sind in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft sowie Telekommunikation tätig, leisten jährlich Investitionen in Höhe von über 1,5 Mrd. Euro, erwirtschaften einen Umsatz von über 13 Milliarden Euro und sind wichtiger Arbeitgeber für über 22.000 Beschäftigte.