Corona-Zwischenbilanz: Jedes vierte Freibad fürchtet dauerhafte Schließung
17.09.20

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Hohe Verluste, weniger aber verständnisvolle Badegäste - und die Sorge, Bäder schließen zu müssen: So lautet die Zwischenbilanz zu den (wirtschaftlichen) Folgen der Corona-Pandemie für die Freibäder. Basis ist eine Umfrage der Landesgruppe Rheinland-Pfalz des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) unter den kommunalen Badbetreibern für den Untersuchungszeitraum Juli/August sowie die Prognose für die Saison. Der VKU bittet daher die Landesregierung eindringlich, die Badbetreiber finanziell zu unterstützen und nicht baden gehen zu lassen. Die kommunalen Betreiber entwickelten Betriebskonzepte entlang der Auflagen, um Gesundheitsschutz und Badbetrieb zu vereinbaren. 85 Prozent öffneten ihre Freibäder – meist ab Mitte Juni – mit klaren Hygiene- und Abstandsregeln.

Wirtschaftliche Corona-Folgen: Jeder vierte Badbetreiber fürchtet Schließung

Durch Corona dürfte der finanzielle Verlust der Freibäder für 2020 deutlich höher ausfallen als in den Vorjahren. Die diesjährige Öffnung der Bäder erfordert mehr Personal, verursacht mehr Aufwand und verringert die maximal zulässige Besucherzahl: Je nach Situation vor Ort waren maximal zwischen 10 - 30 Prozent der üblichen Gästezahl zulässig. Entsprechend rechnen 95 Prozent der Badbetreiber damit, dass ihr Bad dieses Jahr ein höheres Defizit als üblich machen wird.

Für dieses Corona-Jahr erwartet mehr als die Hälfte der Betreiber (55 Prozent) ein zusätzliches, corona-bedingtes Defizit, das größer als 200.000 Euro ist. Konkret: Ca. 30 Prozent der Bäder rechnen mit einer Defiziterhöhung von 200.000 – 500.000 Euro; sogar ein Viertel der Bäder erwartet eine Steigerung ihres Defizits um mehr als eine halbe Million Euro. Wie groß das Defizit ist und welche Folgen dessen Steigerung hat, ist abhängig von der Situation im Bad und der finanziellen Lage in der Kommune. Hochgerechnet auf Basis dieser Umfrage erwartet die VKU-Landesgruppe ein zusätzliches Defizit von mindestens 20 Millionen Euro in den Freibädern von Rheinland-Pfalz, verursacht durch die Corona-Krise.

Die Folge: Rund ein Viertel der Bäder (26 Prozent) sieht sich - ohne finanzielle Unterstützung von Bund und Land - von der Schließung bedroht. Mehr als 60 Prozent können noch keine Prognose über die Zukunft des Bades abgeben. Nur 10 Prozent sehen sich auf der sicheren Seite. Die finanziellen Verluste dieser Saison können zu mehr als der Hälfte nicht auf kommunaler Ebene ausgeglichen werden (55 Prozent). Ein Viertel der Bäder geht davon aus, die Verluste dieses Jahres zwar mit Zuschüssen und Mitteln des kommunalen Querverbundes decken zu können, warnt jedoch, dass es schwierig wird, wenn die Pandemie sich bis auf die Saison 2021 erstreckt.

„Die Öffnung der Bäder in Zeiten der Corona-Pandemie verschärft ihre finanzielle Lage drastisch. Wenn jedes vierte Bad sich von Schließung bedroht sieht, ist das ein Weckruf an die Politik: Schwimmen dient der Gesundheit und Fitness und ist eine wichtige Lebensfertigkeit – all das darf keine Frage des Wohnorts sein. Deshalb bitten wir die Bundes- und Landesregierung, die kommunalen Badbetreiber nicht baden gehen zu lassen und finanziell zu unterstützen - wer die Öffnung bestellt, soll auch mitfinanzieren. Auch die mögliche saisonale Öffnung der Hallenbäder muss sorgfältig geplant, gründlich vorbereitet und solide finanziert werden“, so der Vorsitzende der VKU-Landesgruppe Rheinland-Pfalz und Geschäftsführer der Stadtwerke Speyer, Wolfgang Bühring.

Zurückhaltung bei Bad und Bistro, Verständnis für Auflagen: So reagiert RLP auf Baden in der Corona-Zeit

Wirtschaftlich erschwerend kam hinzu: Die Rheinland-Pfälzer reagieren sehr zurückhaltend auf das Angebot, in der Pandemie ins Freibad zu gehen. Fast drei Viertel der Badbetreiber (74 Prozent) geben an, dass die Nachfrage geringer als das Angebot ist. Nur ein Viertel der Betreiber sieht schlechtes Wetter als Grund. Die Mehrheit (38 Prozent) meint, dass die Zurückhaltung eher auf die Furcht bzw. Sorge vor Corona zurückgeht. 28 Prozent glauben, dass die Lustlosigkeit eher von den Auflagen herrührt. Faktisch war der Bedarf nach einem Badbesuch der Bürger in der Krise demnach nicht so groß, wie gedacht.

Erfreulich: Die Mehrheit der rheinland-pfälzischen Badegäste reagiert eher verständnisvoll auf die Maßnahmen zum Gesundheitsschutz, so die Wahrnehmung der kommunalen Badbetreiber (88 Prozent). Zudem handeln die Gäste konsequent: 62 Prozent der Betreiber geben an, dass sich die Gäste (mehrheitlich) an die Regeln halten. Allerdings scheint in Freibädern eine gewissen Corona-Müdigkeit einzukehren: Gut 30 Prozent der Betreiber nehmen wahr, dass das Verständnis abnimmt und die Bereitschaft, sich an die Regeln zu halten, sinkt. Auch scheinen viele den Gürtel enger zu schnallen. 85 Prozent der Badbetreiber merken bei der Gastbewirtung, dass die Badegäste weniger essen und trinken als sonst.

Hintergrund:

  • Grundgesamtheit: 23 kommunale Badbetreiber in Rheinland-Pfalz, die ein oder mehrere Bäder betreiben.
  • Untersuchungszeitraum: Juli/August

In Rheinland-Pfalz sind 84 kommunale Unternehmen im VKU organisiert. Die VKU-Mitgliedsunternehmen in Rheinland-Pfalz leisten jährlich Investitionen in Höhe von über 424 Millionen Euro, erwirtschaften einen Umsatz von über 3,5 Milliarden Euro und sind wichtiger Arbeitgeber für über 10.000 Beschäftigte.