Corona-Pandemie verdeutlicht: Ausbau der Glasfasernetze landesweit vorantreiben 29.07.20

Stuttgart, 29. Juli 2020. Eltern im Home Office, Kinder im Homeschooling: Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie relevant der Zugang zum schnellen Internet ist. Das hat in der einen Kommune gut funktioniert und in der anderen weniger: Entscheidend ist die Leitung – also wie leistungsfähig die digitale Infrastruktur vor Ort ist. Tatsächlich zeigt auch der neuste Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) 2020 der EU Kommission, dass Baden-Württemberg bei digitalen Infrastrukturen Nachholbedarf hat – insbesondere im ländlichen Raum. Zum Start der Sommerferien appelliert die Landesgruppe Baden-Württemberg des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) an die Landesregierung, eine digitale Spaltung zwischen Stadt und Land durch einen beherzten, flächendeckenden Ausbau der Glasfasernetze für schnelles Internet zu verhindern.

„Ob in der Arbeitswelt oder Schule: Digitale Teilhabe darf keine Frage des Wohnorts sein. Corona zeigt: Schnelles Internet muss immer und überall in Baden-Württemberg genauso selbstverständlich sein wie Strom und Wasser. Das setzt leistungsfähige digitale Infrastrukturen voraus. Um die digitale Spaltung zwischen Stadt und Land nicht noch größer werden zu lassen, dürfen wir nicht länger auf veraltete Kupferkabel setzen. Damit Baden-Württemberg auch in Zukunft ein starker, international wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstandort bleibt und gesellschaftliche Teilhabe aller ermöglicht, müssen wir den flächendeckenden Ausbau der Glasfasernetze beherzt in die Hand nehmen. Sozusagen: „Schaffe, schaffe, Netze baue“, so Julian Osswald, stellvertretender Vorsitzender der VKU-Landesgruppe Baden-Württemberg.

DESI-INDEX zeigt Stadt-Land-Gefälle in Baden-Württemberg

Im aktuellen DESI-Index rangiert Deutschland auf Platz 12 unter den 28 EU-Mitgliedsstaaten. In Baden-Württemberg haben 85 Prozent der Haushalte einen Breitbandanschluss, der bis zu 100 Mbit/s leistet. Das klingt zunächst viel – doch für die faktische Surfgeschwindigkeit ist die Einschränkung ‚Bis zu‘ entscheidend: Ein Großteil der Hausanschlüsse werden mit alten Kupferleitungen vom nächstgelegenen Verteilerkasten versorgt, mit entsprechend geringen Kapazitäten. Je mehr Haushalte gleichzeitig surfen, umso langsamer die Datenverbindung, weshalb mancherorts die Kapazitäten im Home-Office-Zeiten rasch erschöpft sind. Einen Glasfaseranschluss mit hohen Kapazitäten haben in Baden-Württemberg laut DESI-Index bisher nur 4,2 Prozent der Haushalte und sogar nur 3,4 Prozent unserer Betriebe.

Zugleich zeigt der DESI-Index ein Stadt-Land-Gefälle: Statt 85 Prozent erreichen im ländlichen Raum nur 62 Prozent der Haushalte 100 Mbit/s. Für viele private Telekommunikationsunternehmen lohnt es oft nicht, Glasfaser im ländlichen Raum auszubauen, weshalb oft kommunale Unternehmen den Glasfaserausbau forcieren (Investition in Baden-Württemberg pro Jahr 61 Millionen Euro). Daher wirbt der VKU dafür, Glasfasernetzen für schnelles Internet Vorrang einzuräumen und sie bis in die Häuser und flächendeckend in Stadt und Land auszubauen. Dafür müssen aus VKU-Sicht Fördermittel zweckgebunden und der volkswirtschaftlich unsinnige Doppelausbau von Leitungen gestoppt werden.

Zum einen dürften Fördermittel in den kommenden Jahren wegen der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise knapper werden. Deshalb sollte die Vergabe von Fördermitteln klar mit der Bedingung verknüpft werden, mit Glasfasernetzen in tragfähige Zukunftstechnologien zu investieren statt an Technik aus Kaisers Zeiten festzuhalten.

Zum anderen verlegen Wettbewerber häufig ihre Kabel mit, sobald kommunale Unternehmen eine Grube ausgehoben haben – sogar dann, wenn das kommunale Unternehmen das Glasfasernetz eigenwirtschaftlich, ohne öffentliche Gelder ausbaut und so das volle wirtschaftliche Risiko trägt. Die Wettbewerber umgehen damit die Kosten für den Tiefbau, die 80 bis 90 Prozent der Kosten des Glasfasernetzausbaus ausmachen, und entwerten die Investitionen kommunaler Unternehmen. „Schon jetzt zeichnet sich ein steigender Bedarf an hohen Bandbreiten ab, den langfristig nur Glasfasernetze decken können. Deshalb brauchen wir einen klaren Vorrang für Glasfasernetze vor Kupfer und Co. und müssen strukturelle Wettbewerbsnachteile abbauen: Wo kommunale Unternehmen bereits auf ihre Kosten Glasfasernetze ausbauen, sollten Wettbewerber nicht einfach ihre Kabel mit in den Graben werfen dürfen. Ein solcher Doppelausbau ist volkswirtschaftlich unvernünftig. Wir brauchen Wettbewerb auf dem Netz statt zwischen Netzen“, so Osswald.

 

In Baden-Württemberg sind 205 kommunale Unternehmen im VKU organisiert. Die VKU-Mitgliedsunternehmen in Baden-Württemberg leisten jährlich Investitionen in Höhe von knapp 1,5 Milliarden Euro, erwirtschaften einen Umsatz von knapp 14 Milliarden Euro und sind wichtiger Arbeitgeber für knapp 33.000 Beschäftigte.