VKU zur Strategie für nachhaltigere Finanzwirtschaft (Deutsche Sustainable Finance-Strategie) 05.05.21

Berlin, 05.05.2021. Heute hat das Bundeskabinett die Deutsche Sustainable Finance Strategie (DSFS) beschlossen. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) begrüßt die Strategie, weist jedoch auf die fehlende Investitionssicherheit für Brückentechnologien hin. Klimaneutralität darf nicht gegen Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit ausgespielt werden. Ingbert Liebing, VKU-Hauptgeschäftsführer:

 

„Das Ziel der Bundesregierung ist ambitioniert: Unser Land soll zu einem führenden Sustainable Finance Standort in der Welt werden. In der Strategie finden sich gute Ansätze: etwa die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand, die indirekt auch kommunale Unternehmen auf ihrem Weg zu klimaneutralen Kommunen bestärkt.

Wichtiger als ambitionierte Ziele ist, dass die Bundesregierung mit der Strategie nicht neue Hindernisse auf dem Weg zur Klimaneutralität schafft. Die Energiewende-Macher vor Ort brauchen Investitionssicherheit. Klare und verlässliche Rahmenbedingungen für Investitionen in Brückentechnologien wie Gas fehlen jedoch. Hier muss die Bundesregierung bei der DSF-Strategie und insbesondere bei der konkreten Ausgestaltung der EU-Taxonomie klar und -vor allem-  künftig geschlossen Position beziehen: Wir brauchen Investitionssicherheit für Gas, um Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit zu vereinen, statt gegeneinander auszuspielen.“

 

Hintergrund:

 

Warum Investitionssicherheit für Gas-KWK entscheidend für Versorgungssicherheit ist

Zentral ist die Frage, ob Investitionen in Brückentechnologien wie Kraft-Wärme-Kopplung für den weiteren Weg zu klimaneutralen Kommunen als nachhaltig angesehen werden. Für Klimaneutralität muss die zentrale Energieversorgung mit wenigen, großen Atom- und Kohlekraftwerken zu einer dezentralen Energieversorgung mit vielen kleinen Erneuerbaren-Erzeugungsanlagen umgebaut werden –inkl. Investitionen in Ausbau, Transformation und Digitalisierung der Strom- und Gasnetze. Das gelingt nicht auf Knopfdruck, sondern geht mit langen Investitionszyklen einher. Deshalb brauchen kommunale Unternehmen langfristige Investitionssicherheit: Nach Kernkraft- und Kohleausstieg sind gas- und (perspektivisch wasserstoff-) befeuerte KWK-Anlagen die Brücke zur Klimaneutralität. Mit ihnen erhalten sie die Versorgungssicherheit, forcieren die Wärmewende und sorgen für Bezahlbarkeit. Zugleich spart der “Brennstoffwechsel” von Kohle zu Gas schon heute CO2-Emissionen ein. Da KWK von Gas auf Wasserstoff umrüstbar sind, wird der befürchtete Lock-in-Effekt auf Gas ausbleiben.

  

EU Taxonomie in Brüssel, Deutsche Sustainable Finance Strategie in Berlin: Bundesregierung muss Investitionen in Versorgungssicherheit unterstützen

Bei Brückentechnologien muss die Bundesregierung mit klaren Vorgaben für Investitionssicherheit sorgen -in enger Abstimmung bei den delegierten Rechtsakten zu den Umweltzielen der EU-Taxonomie-Verordnung: Investitionen in Gasprojekte sind entscheidend für den Erfolg der Energiewende und müssen finanzierbar bleiben. Ansätze, wie die Verstetigung eines Austauschs mit Ländern und Kommunen sowie die Weiterentwicklung der KfW zu einer Transformationsbank, weisen auf nationaler Ebene in die richtige Richtung, schaffen jedoch allein nicht das erforderliche Maß an Investitionssicherheit. Auf EU-Ebene hat die Kommission die Bewertung von Erdgasprojekten bei der EU Taxonomie nun ausgelagert: Das darf nicht zu einer jahrelangen Hängepartie in einem europäischen Gesetzgebungsverfahren führen. Für die größte Volkswirtschaft in Europa ist die Frage einer verlässlichen und bezahlbaren Stromversorgung existenziell. Darüber hinaus müssen im Sinne des Green Deal Klimaschutz und Umweltschutz Hand in Hand gehen, wenn es um die Ausgestaltung der delegierten Rechtsakte zur „nachhaltigen Nutzung und zum Schutz von Wasser- und Meeresressourcen“ und zum „Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft“ geht.

 

Bürokratie oder Benachteiligung? Kommunalen Mittelstand berücksichtigen

Ein weiterer Punkt der DSF-Strategie sind die vorgesehenen Berichtspflichten: Künftig sollen auch Unternehmen der Realwirtschaft mit mehr als 250 Mitarbeitern Daten zur Nachhaltigkeit erheben und dazu berichten. Dies wird künftig wesentlichen Einfluss darauf haben, welche Projekte durch Banken fremdfinanziert werden. Mit Blick auf die Bedeutung der kleinen und mittleren Stadtwerke für die dezentrale Energiewende sollte die Regierung Augenmaß bei der Ausgestaltung der Berichtspflichten walten lassen. Erleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen bei Berichtspflichten dürfen nicht zu einer Benachteiligung bei der Finanzierung führen, sonst könnte die Energiewende empfindlich ins Stocken geraten.

 

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) vertritt über 1.500 Stadtwerke und kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft sowie Telekommunikation. Mit mehr als 275.000 Beschäftigten wurden 2018 Umsatzerlöse von rund 119 Milliarden Euro erwirtschaftet und mehr als 12 Milliarden Euro investiert. Im Endkundensegment haben die VKU-Mitgliedsunternehmen große Marktanteile in zentralen Ver- und Entsorgungsbereichen: Strom 62 Prozent, Erdgas 67 Prozent, Trinkwasser 90 Prozent, Wärme 74 Prozent, Abwasser 44 Prozent. Sie entsorgen jeden Tag 31.500 Tonnen Abfall und tragen durch getrennte Sammlung entscheidend dazu bei, dass Deutschland mit 67 Prozent die höchste Recyclingquote in der Europäischen Union hat. Immer mehr kommunale Unternehmen engagieren sich im Breitbandausbau. 190 Unternehmen investieren pro Jahr über 450 Mio. EUR. Sie steigern jährlich ihre Investitionen um rund 30 Prozent. Beim Breitbandausbau setzen 93 Prozent der Unternehmen auf Glasfaser bis mindestens ins Gebäude.