Smart-Meter-Rollout in Gefahr 18.03.21

Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht in Münster hat am 4. März 2021 eine Verpflichtung zum Einbau von intelligenten Stromzählern vorerst gestoppt. Der Grund: Die am Markt verfügbaren intelligenten Messsysteme genügten laut OVG nicht den gesetzlichen Anforderungen. Sie seien nicht wie vorgeschrieben auf geltende Anforderungen zur technischen Zusammenarbeit mit anderen Systemen hin zertifiziert worden. Geklagt hatten 47 Unternehmen, darunter zahlreiche Stadtwerke. Für diese Unternehmen gilt also die Einbaupflicht intelligenter Messsysteme künftig vorerst nicht mehr. Aber: Alle weiteren Messstellenbetreiber sind vermutlich weiterhin verpflichtet, die Zähler einzubauen. Die Wirkung der OVG-Entscheidung ist derzeit unklar.

Dazu VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing: Die Branche ist verunsichert. Wenn der Smart Meter Rollout zu einem Erfolg werden soll, brauchen alle Unternehmen Rechts- und damit Planungs- und Investitionssicherheit. Ausgehend von der tatsächlichen technischen Leistungsfähigkeit der vom BSI zertifizierten und im Rahmen des Pflicht-Rollouts bereits seit einem Jahr von den Unternehmen verbauten Smart-Meter-Gateways, muss der Gesetzgeber aus unserer Sicht das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) unverzüglich anpassen. Nur so kann der ursprünglich formulierte Anspruch an die technische Leistungsfähigkeit der Geräte mittels eines rechtssicheren stufenweisen Rollouts noch erreicht werden. Und nur so bekommen alle Beteiligten wieder Rechtssicherheit und der Rollout-Prozess zieht sich nicht noch mehr in die Länge. Ansonsten bekämen wir einen Rollout der zwei Geschwindigkeiten, zumal die Smart Meter nicht zuletzt vor dem Hintergrund des anstehenden Hochlaufs der Elektromobilität von entscheidender Bedeutung sind. Wenn zukünftig keine zertifizierte Technik zur Verfügung steht, um das Ladeverhalten der Fahrzeuge in den Verteilnetzen zu erkennen und intelligent steuern zu können, wird das zu einem gewaltigen Bremsklotz für die Elektromobilität.

Hintergrund

Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht in Münster hat am 4. März 2021 eine Verpflichtung zum Einbau von intelligenten Stromzählern vorläufig ausgesetzt (| Az.: 21 B 1162/20). Laut OVG Münster ist eine Verfügung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) mit Sitz in Bonn voraussichtlich rechtswidrig. Die Entscheidung fiel in einem Eilverfahren. In der Zwischenzeit hat das BSI nun in allen anderen Verfahren zur Einbauverpflichtung reagiert: Die Behörde hob die angegriffenen Entscheidungen zur sofortigen Vollziehung auf. Das Hauptsacheverfahren ist noch am Verwaltungsgericht Köln anhängig (Az.: 21 B 1162/20, 9 L 663/20, VG Köln).

 

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) vertritt über 1.500 Stadtwerke und kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft sowie Telekommunikation. Mit mehr als 275.000 Beschäftigten wurden 2018 Umsatzerlöse von rund 119 Milliarden Euro erwirtschaftet und mehr als 12 Milliarden Euro investiert. Im Endkundensegment haben die VKU-Mitgliedsunternehmen große Marktanteile in zentralen Ver- und Entsorgungsbereichen: Strom 62 Prozent, Erdgas 67 Prozent, Trinkwasser 90 Prozent, Wärme 74 Prozent, Abwasser 44 Prozent. Sie entsorgen jeden Tag 31.500 Tonnen Abfall und tragen durch getrennte Sammlung entscheidend dazu bei, dass Deutschland mit 67 Prozent die höchste Recyclingquote in der Europäischen Union hat. Immer mehr kommunale Unternehmen engagieren sich im Breitbandausbau. 190 Unternehmen investieren pro Jahr über 450 Mio. EUR. Sie steigern jährlich ihre Investitionen um rund 30 Prozent. Beim Breitbandausbau setzen 93 Prozent der Unternehmen auf Glasfaser bis mindestens ins Gebäude.