“Auch Investments in Brückentechnologien können nachhaltig sein.” - VKU-Chef Ingbert Liebing zur EU-Strategie nachhaltige Finanzierung 06.07.21

Berlin/Brüssel, 6. Juli 2021. Heute hat die EU-Kommission ihre “Strategy for Financing the Transition to a Sustainable Economy” vorgelegt. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) unterstützt die Strategie, fordert jedoch klare Vorgaben aus Brüssel, damit auch weiterhin in notwendige Brückentechnologien wie Gas investiert werden kann: Nur so können Klimaziele im Einklang mit einer sicheren und bezahlbaren Strom- und Wärmeversorgung vereint werden. Dies sollte die Kommission bei der angekündigten Debatte um Brückentechnologien berücksichtigen und zügig in Rechtsakten verankern.

Ingbert Liebing, VKU-Hauptgeschäftsführer: “Strategie und Timing sind ambitioniert. Ähnlich wie beim Marathon ist es wichtig, über die Gesamtdistanz Leistung zu bringen: Um die 2030er-Klimaziele zu erreichen, brauchen wir Übergangstechnologien - beispielsweise Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen auf Basis von Gas, die perspektivisch auf Wasserstoff umgerüstet werden können. Für solche Investitionen brauchen wir einen verlässlichen Rechtsrahmen, der diese Übergangstechnologien auch finanzierbar macht. Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.“

  • Brückentechnologie Gas-KWK als nachhaltig anerkennen

Gas-KWK muss von der Taxonomie als nachhaltig anerkannt werden, weil sie eine sichere und bezahlbare Energieversorgung mit einer klimafreundlicheren Technologie für den notwendigen Übergang ermöglicht. Gas-KWK ist klimafreundlicher als Kohle und hat zusätzliches, enormes CO2-Minderungspotenzial, da sie perspektivisch auf Wasserstoff umrüstbar ist.

  • Umbau der Gas- zu Wasserstoffnetze ermöglichen

Um den Wasserstoff für die Wärmewende zu nutzen, muss er von den Erzeugungsanlagen in die Heizungen der Kunden transportiert werden. Das können unsere heutigen Gasnetze, wenn sie ein Wasserstoff-Upgrade bekommen. Auch diesen Weg zur klimaneutralen Wärmeversorgung sollte die EU Taxonomie freimachen.

  • Umweltschutz muss mit Klimaschutz in Einklang stehen

Wirksamer Gewässerschutz ist eine zentrale Aufgabe kommunaler Abwasserentsorger. Um die hohen qualitativen Anforderungen zu erfüllen, benötigt der Kläranlagenbetrieb erhebliche Energiemengen. Deshalb optimieren die Abwasserentsorger laufend ihre Energiebilanz. Ihre Bemühungen, Gewässerschutz und Energieeffizienz miteinander bestmöglich zu vereinbaren, dürfen nicht durch unrealistische Vorgaben zur Energieeinsparung konterkariert werden. Die anstehende Novelle der kommunalen Abwasserrichtlinie balanciert diese vermeintlich widerstreitenden Ziele aus. Sie muss deswegen auch in den Bewertungskriterien der Taxonomie berücksichtigt werden.

  • Jede Tonne zählt: Waste-to-Energy anerkennen

Die Kommission sollte die Taxonomie um Waste-to-Energy-Ansätze erweitern. Für die neuen Klimaziele müssen wir alle lokalen Potenziale für eine klimaschonende Energieversorgung heben: Auch Energie aus Abfällen und Reststoffen birgt ein großes Klimaschutzpotenzial, die zudem zur Wasserstoffproduktion eingesetzt werden kann und einen Beitrag dazu leistet, klimaschädliche Deponierung zu vermeiden.

  • Berichtspflichten: Weniger ist mehr!

Für mehr Transparenz ist eine Ausweitung der Berichtspflichten durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) erforderlich. Wichtig ist, das richtige Maß zwischen notwendiger Transparenz und administrativer Mehrbelastung zu finden. Das gilt insbesondere für Unternehmen, die erst jetzt berichtspflichtig werden und dafür Strukturen aufbauen müssen. Sie brauchen angemessene Übergangsfristen. Bei den späteren Berichtsstandards sollte die Kommission Augenmaß und – im Sinne der Akzeptanz- Fingerspitzengefühl walten lassen.

Link zur Strategie: https://ec.europa.eu/info/publications/210706-sustainable-finance-strategy_en

 

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) vertritt über 1.500 Stadtwerke und kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft sowie Telekommunikation. Mit mehr als 275.000 Beschäftigten wurden 2018 Umsatzerlöse von rund 119 Milliarden Euro erwirtschaftet und mehr als 12 Milliarden Euro investiert. Im Endkundensegment haben die VKU-Mitgliedsunternehmen große Marktanteile in zentralen Ver- und Entsorgungsbereichen: Strom 62 Prozent, Erdgas 67 Prozent, Trinkwasser 90 Prozent, Wärme 74 Prozent, Abwasser 44 Prozent. Sie entsorgen jeden Tag 31.500 Tonnen Abfall und tragen durch getrennte Sammlung entscheidend dazu bei, dass Deutschland mit 67 Prozent die höchste Recyclingquote in der Europäischen Union hat. Immer mehr kommunale Unternehmen engagieren sich im Breitbandausbau. 190 Unternehmen investieren pro Jahr über 450 Mio. EUR. Sie steigern jährlich ihre Investitionen um rund 30 Prozent. Beim Breitbandausbau setzen 93 Prozent der Unternehmen auf Glasfaser bis mindestens ins Gebäude.