Zur heutigen Anhörung zum Kohleausstiegsgesetz im Deutschen Bundestag erklären Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, und Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des VKU 25.05.20

Berlin, 25.05.2020.  

„Richtig ausgestaltet könnte das Kohleausstiegsgesetz ein Transformationsgesetz sein, das den Umstieg von Kohle auf KWK und Erneuerbare Energien zielgerichtet vorantreibt. BDEW und VKU haben daher in der heutigen Anhörung dafür geworben, dass der Bundestag die notwendigen Verbesserungen am Gesetzentwurf vornimmt. Es müssen planungssichere Investitionsbedingungen für einen sukzessiven Ausstieg aus der Kohleverstromung und vor allem für den Ausbau der klimafreundlichen Strom- und Wärmerzeugung geschaffen werden.

Die heutige Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Bundestages hat noch einmal verdeutlicht, wie wichtig die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) für die Energieversorgung von morgen ist. Sie stellt eine ideale Ergänzung zur fluktuierenden Einspeisung aus Erneuerbaren Energien und damit einen verlässlichen Garanten für die Versorgungssicherheit mit Strom und Wärme dar. Es kommt jetzt darauf an, die Umstellung der Kohle-KWK-Anlagen auf die Nutzung von Gas und Erneuerbaren Energien sowie die Modernisierung und den Neubau von KWK-Anlagen erfolgreich anzureizen. Um der KWK den notwendigen Schub zu geben, muss etwa der so genannte Kohleersatzbonus deutlich erhöht werden. Dies ist notwendig, da der bisherige Kohleersatzbonus nicht zu nennenswerten Umrüstungen von KWK-Anlagen geführt hat.

Dazu kommt, dass auch ein erheblicher Bedarf an neuen KWK-Anlagen besteht. Daher sollten das Gesetz zur Kraft-Wärme-Kopplung bis mindestens 2030 verlängert sowie die Grundförderung für neue und modernisierte KWK-Anlagen ab spätestens 2023 erhöht werden. Mit dem neuen EE-Wärme- und dem neuen Power-to-Heat-Bonus im KWKG enthält der Gesetzentwurf gute Ansätze, den Einsatz klimafreundlicher Wärme zu unterstützen. Um die Potenziale für eine Dekarbonisierung der leitungsgebundenen Wärmeversorgung optimal zu erschließen wäre es zielführend, diese Boni auch auf bestehende KWK-Systeme auszuweiten sowie für erneuerbare Brennstoffe und Abwärme zu öffnen.

Beide Verbände haben in der Anhörung außerdem betont: Grundsätzlich darf es keine entschädigungsfreien, gesetzlich angeordneten Stilllegungen von Steinkohlekraftwerken geben. Dies gilt insbesondere für jüngere Steinkohlekraftwerke, die die zumeist kommunalen Unternehmen auch auf damaliges Drängen der Politik in Betrieb genommen haben. Der Gesetzgeber sollte einen solchen schwerwiegenden und fragwürdigen Eingriff in Eigentumsrechte vermeiden und die Investitions- und Rechtssicherheit für den Wirtschaftsstandort Deutschland nicht gefährden. Entschädigungslose Stilllegungen würden im Übrigen eine gravierende Abweichung zu den Empfehlungen der Kohlekommission bedeuten, die Ausschreibungen zur Stilllegung im Bereich der Steinkohle bis 2030 und eine Kompensation auch im Falle von ordnungsrechtlichen Stilllegungen vorgeschlagen hatte. Insbesondere für Stadtwerke als Betreiber zahlreicher Steinkohlekraftwerke würden entschädigungslose Stilllegungen erhebliche Verluste bedeuten. Diese Unternehmen wären damit erheblich darin beeinträchtigt, in die notwendige weitere Transformation der Energieversorgung wie beispielsweise in den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu investieren. Rechts- und Investitionssicherheit muss möglichst schnell auch für die Betreiber der Braunkohlekraftwerke geschaffen werden. Daher müssen zügig die notwendigen Verträge zwischen Bundesregierung und Betreibern abgeschlossen und das Strukturstärkungsgesetz verabschiedet werden. Nur so kann auch für die vom Strukturwandel betroffenen Regionen Planungssicherheit gewährleistet werden.

Vor diesem Hintergrund ist es sehr wichtig, dass ein deutlich verbessertes Kohleausstiegsgesetz, das die Energiewirtschaft in ihrer Bereitschaft unterstützt, umfangreich in den Ausbau einer klimaschützenden Energieerzeugung zu investieren, noch vor der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet wird. Die Expertenanhörung hat auch gezeigt, dass die Positionen beider energiewirtschaftlicher Verbände – Stärkung der KWK, keine gesetzliche Stilllegung ohne Entschädigung – durch einen breiten Schulterschluss der kommunalen Spitzenverbände, Wirtschaftsverbände, Unternehmen sowie Gewerkschaften unterstützt werden.“

 

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) vertritt rund 1.500 Stadtwerke und kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft sowie Telekommunikation. Mit mehr als 268.000 Beschäftigten wurden 2017 Umsatzerlöse von mehr als 116 Milliarden Euro erwirtschaftet und rund 10 Milliarden Euro investiert. Im Endkundensegment haben die VKU-Mitgliedsunternehmen große Marktanteile in zentralen Ver- und Entsorgungsbereichen: Strom 61 Prozent, Erdgas 67 Prozent, Trinkwasser 86 Prozent, Wärme 70 Prozent, Abwasser 44 Prozent. Sie entsorgen jeden Tag 31.500 Tonnen Abfall und tragen entscheidend dazu bei, dass Deutschland mit 68 Prozent die höchste Recyclingquote in der Europäischen Union hat. Immer mehr kommunale Unternehmen engagieren sich im Breitband-Ausbau. Ihre Anzahl hat sich in den letzten vier Jahren mehr als verdoppelt: Rund 180 Unternehmen investierten 2017 über 375 Mio. EUR. Seit 2013 steigern sie jährlich ihre Investitionen um rund 30 Prozent und bauen überall in Deutschland zukunftsfähige Infrastrukturen (beispielsweise Glasfaser oder WLAN) für die digitale Kommune aus.