Am 29.08.2022 fand die zweite Auflage des Formates „Küstenländer kompakt“ statt. Von ursprünglich 27 angemeldeten Personen nahmen neben Referent:innen und Vorsitzendem schließlich 25 teil, was eine enorme Steigerung im Vergleich zur ersten Veranstaltung ist, über die wir uns sehr freuen.
Referent Sascha Plietzsch aus der Landesgruppe Nord stellte die Tagesordnung vor und übernahm die Moderation der Veranstaltung.
Leider sind die zwei Referent:innen Silvia Gietkowski und Dr. Ketel Ketelsen spontan krankheitsbedingt ausgefallen, sodass zwei Tagesordnungspunkte unglücklicherweise entfallen mussten.
Frau Gietkowski ist Referentin für Grundsatzfragen nachhaltiger Mobilität in der Abteilung Abfallwirtschaft und Stadtsauberkeit VKS und somit auch Ansprechpartnerin für alle Fragen rund um alternative Antriebe. Da hierzu in der letzten Veranstaltung Fragen aufkamen und es sich durch das „Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz“ vom 9. Juni 2021 sowie dem eigenen Anspruch unserer Mitgliedsunternehmen einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, um ein Dauerthema handelt, wollten wir Frau Gietkowski als zuständige Ansprechpartnerin die Möglichkeit geben sich den Teilnehmenden vorzustellen und mögliche noch offene Fragen zu beantworten. Frau Gietkowski ist erreichbar unter der Mail Adresse gietkowski(at)vku(dot)de.
Dr. Ketel Ketelsen sollte einen kurzen Input zum Thema Klimabilanzen halten und war leider ebenfalls spontan verhindert.
Da in der letzten Veranstaltung die Teilnehmenden bereits berichteten, dass Sie das Thema beschäftigt und vor immer neue Herausforderungen stellt, werden wir den Vortrag von Herrn Dr. Ketelsen in der nächsten Veranstaltung nachholen und entschuldigen uns für den Wegfall dieses wichtigen Tagesordnungspunktes.
Nach einer kurzen Begrüßung durch unseren Vorsitzenden Herrn Nieweler folgte also direkt Tagesordnungspunkt 4 in welchem Referent Sascha Plietzsch zur aktuellen Gasmangellage berichtete. Dabei sensibilisierte er die Teilnehmenden für die aktuellen Entwicklungen im Bereich Energie, stellte die Gefahren der derzeitigen Lage kurz dar und zeigte auf, wie die Landesgruppen in die Krisenstrukturen eingebunden sind.
Als nächstes berichtete Referentin Antje Retzlaff über den aktuellen Stand des seit langem geplanten Wertstoffgesetzes. Auf Grundlage des Koalitionsvertrags zwischen CDU, CSU und SPD aus dem Jahr 2013 sollten neue „rechtliche Grundlagen zur Einführung der gemeinsamen haushaltsnahen Wertstofferfassung für Verpackungen und andere Wertstoffe“ geschaffen werden sollen. Da zwischen Kommunen und privaten Entsorgungsunternehmen keine Einigung hergestellt werden konnte, wurde allerdings an Stelle eines Wertstoffgesetzes am 5. Juli 2017 das Verpackungsgesetz erlassen.
Im Jahr 2020 hat dann die UMK in Ihrer Sitzung im November 2020 entschlossen, auf Initiative der Länder Brandenburg und Baden-Württemberg eine Sonderarbeitsgruppe „Rezyklateinsatz stärken“ (RESAG) ins Leben zu rufen. Ziel der Sonderarbeitsgruppe sollte es sein, mit allen wichtigen Akteursgruppen die drängendsten Fragen zur „Förderung des Rezyklatmarktes“ zu analysieren und regulatorische Lösungen zu erarbeiten, welche in die weitere Diskussion auf nationaler und europäischer Ebene eingebracht werden sollen. Der besondere Fokus sollte dabei auf der Praxistauglichkeit und der breiten Akzeptanz der vorgeschlagenen Lösungen bei den beteiligten Akteuren aus Wirtschaft, Umwelt und Verwaltung liegen.
Die RESAG hat in der Zeit von Januar 2021 bis Januar 2022 unter der Leitung der Umweltministerien von Brandenburg und Baden-Württemberg mit 121 Vertreterinnen und Vertretern aus dem Handel, von Herstellern, Kunststoff verarbeitendem Gewerbe, Rezyklatherstellern, Entsorgungswirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft in vier Arbeitsgruppen und mehreren Unterarbeitsgruppen in zusammengenommen rund 30 Sitzungen Rahmenbedingungen und Forderungen zur Stärkung des Rezyklateinsatzes von Kunststoffen entwickelt und umfassend diskutiert.
Der Abschlussbericht wurde der UMK im April 2022 zugeleitet und während der Konferenz vom 11. bis 13. Mai 2022 dort einstimmig von den UmweltministerInnen angenommen. Er enthält diverse Forderungen zur Stärkung des Rezyklateinsatzes von Kunststoffen. Hierzu gehört u. a. die Einführung einer bundesweit einheitlichen Wertstoffsammlung, wobei die Frage der kommunalen oder privaten Zuständigkeit für diese Sammlung von der RESAG ausdrücklich ausgeklammert wurde. Die UMK hat den Bund gebeten, die Optionen für eine Umsetzung zu prüfen und den Gesprächsfaden zu einer gemeinsamen Wertstofferfassung wiederaufzunehmen.
Das ausführliche Protokoll der Sitzung finden Sie hier. Seitdem sind leider keine neuen Entwicklungen bekannt.
Beim letzten Tagesordnungspunkt ging es um ein Thema, welches sowohl die Mitarbeitenden der Abfallsparte des VKU, als auch die dazugehörigen Mitgliedsunternehmen in den letzten Wochen und Monaten intensiv beschäftigt hat: Die geplante Ausweitung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) auf die Müllverbrennung. Auch hier berichtete Referentin Antje Retzlaff und konnte dies aufgrund der zusätzlichen zeitlichen Kapazitäten sogar ausführlicher tun als zunächst geplant. Zunächst erfolgte ein kleiner Rückblick dessen was seitdem in Kraft treten des Gesetzes im Dezember 2019 geschah.
Mit dem BEHG wurde ein Preis für Treibhausgasemissionen in den Sektoren Wärme und Verkehr, Mineralölprodukte wie Benzin, Diesel, Kerosin und Heizöl sowie Erdgas und Flüssiggas eingeführt
Am 13. Juli 2022 hat die Bundesregierung dann den Entwurf einer Novelle des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) beschlossen, mit dem auch die CO2-Emissionen aus der Abfallverbrennung ab 2023 in den nationalen Emissionshandel für Treibhausgase einbezogen werden sollen. Die Kolleg:innen der VKU Hauptgeschäftsstelle, die Referent:innen der LG Küstenländer und viele Mitgliedunternehmen haben zum Teil in Kooperation mit betroffenen Unternehmen, anderen Verbänden diverse Schreiben an Entscheidungsträger:innen wie z.B. die zuständigen Umweltminister:innen oder lokale Bundestagsabgeordnete adressiert und Gespräche geführt. Teilweise haben die Unternehmen auch Ihre jeweiligen Landrät:innen mit ins Boot geholt, was natürlich durchaus förderlich ist.
Damit nicht alle ein eigenes Schreiben formulieren müssen, wurde von der Hauptgeschäftsstelle ein Musteranschreiben zur Verfügung gestellt und an die Mitglieder versendet welches auch von vielen als Grundlage genutzt wurde. Letzte Woche wurde dann das von uns an die Umweltminister:innen der LG Küstenländer adressierte Schreiben von Dr. Thärichen nochmal an alle VKU Landesgruppen mit der Aufforderung verschickt, dass diese bitte ebenfalls Ihre Umweltminister:innen anschreiben sollen. Kurz gesagt: wir haben aus allen Rohren geschossen. Auch wenn die meisten Teilnehmenden sich wahrscheinlich darüber im Klaren sind, weshalb die Ausweitung des BEHG auf die Abfallverbrennung keine gute Idee ist, wurden die vom VKU vorgebrachten Kernargumente noch einmal vorgestellt.
So sind wir prinzipiell der Auffassung, dass das politische Konzept hinter dem Emissionshandel, Treibhausgasemissionen verursachergerecht zu verteuern, damit Bürger und Unternehmen zunehmend klimafreundliche Wege beschreiten durchaus richtig und der Emissionshandel ein wichtiges Instrument für den Klimaschutz ist. Wir haben jedoch große Zweifel, dass dieses Instrument für die thermische Behandlung von Siedlungsabfällen passt. Während es bei der CO2-Bepreisung von Gas oder Öl darum geht, u. a. die Elektromobilität im Verkehrssektor oder Wärmepumpen im Gebäudebereich zu fördern, können Abfälle nicht durch andere Energieträger ersetzt werden. So werden Abfälle nicht „produziert“, um Energie zu erzeugen, sondern fallen bei Produktion und Konsum an und müssen ordnungsgemäß und schadlos entsorgt werden. Die bei der energetischen Verwertung erfolgende Energienutzung macht Abfälle nicht zu „Brennstoffen“ wie Gas oder Öl. Mit anderen Worten: „Öl kann in der Erde bleiben, Abfall aber nicht in der Tonne!“
Die Abfallbetriebe haben den gesetzlichen Auftrag, die Entsorgungssicherheit für Siedlungsabfälle jederzeit und langfristig zu gewährleisten. Hierfür ist die thermische Abfallbehandlung unerlässlich, da es zahlreiche Abfälle gibt – häusliche Restabfälle, Abfälle aus dem Gesundheitsbereich, schadstoffbelastete Abfälle etc. –, die nicht hochwertig recycelbar sind.
Natürlich setzen auch wir uns sehr dafür ein, Abfalltrennung und Recycling weiter auszubauen, obschon wir in Deutschland hier schon viel erreicht haben. Es ist allerdings trotz intensiver Bemühungen nicht realistisch, dass wir in naher Zukunft eine Recyclingquote von 100 Prozent erreichen können, sodass die Verbrennung von Restmüll weiterhin unerlässlich und um ein vielfaches klimafreundlicher als die Deponierung ist.
Die geplante Ausweitung der CO2-Bepreisung auf Siedlungsabfälle hätte daher keinen positiven Klimaschutzeffekt und würde lediglich die Abfallgebühren erhöhen. Ohne belegbare Lenkungswirkung ist ein Klimaschutzinstrument wie der Emissionshandel aber nur eine verdeckte Steuererhöhung mit der auch die Abfallgebühren würden zum Inflationstreiber werden.
Zu beachten ist weiter, dass mit der BEHG-Ausweitung ein nationaler Sonderweg beschritten werden würde. Somit entstünde ein starker wirtschaftlicher Druck, diese Kosten zu vermeiden und Abfälle zur Verbrennung – oder gar zur Deponierung – ins Ausland zu bringen. Nach unserer Überzeugung sollte über eine etwaige CO2-Bepreisung der Siedlungsabfallverbrennung nur Brüssel entscheiden, nicht Berlin.
Der aktuelle Stand ist, dass der Entwurf des 2. BEHG- Änderungsgesetzes dem Bundesrat bereits zugeleitet worden ist. Der Umweltausschuss des BR wird sich auf seiner Sitzung am 01. Sept. damit beschäftigen und dann bereits im Vorfeld der Bundestagsberatungen, welche Mitte September anstehen, ein Votum abgeben.
Auf EU Ebene hat der Umweltrat bereits entschieden die Abfallverbrennung ab 2031 in den europäischen Emissionshandel mit aufzunehmen. Vor Ende 2026 soll die Europäische Kommission nach dem Willen des Rates aber zunächst eine Folgenabschätzung vorlegen.
Viele Mitglieder haben sich an uns gewandt und nach den Erfolgschancen der Kampagne gegen die Änderung des BEHG gefragt, wobei es äußerst schwierig ist, eine klare Prognose zu treffen. Wir tun auf jeden Fall weiterhin was wir können, um die CO2 Bepreisung der Abfallverbrennung zu verhindern und sind der festen Überzeugung, dass sich das Engagement seitens des VKU und der Mitgliedsunternehmen lohnt, selbst, wenn wir nur geringfügige Änderungen am Gesetztes Entwurf zu Gunsten der betroffenen Betriebe bewirken können.
Nach Einschätzung unseres Geschäftsführers der Sparte Abfallwirtschaft und Stadtsauberkeit VKS Dr. Holger Thärichen stehen die Chancen aber ganz gut, dass das Gesetz zumindest nicht glatt durchläuft, da es bei SPD und FDP größere Vorbehalte gegen die Ausweitung des BEHG gibt. In der CDU sind diese ebenfalls vorhanden, was aber aufgrund der fehlenden Regierungsbeteiligung auf Bundesebene aktuell nicht entscheidend ist. Es gilt nun für uns alle, diese Vorbehalte weiterhin zu stärken. Was die Ministerien angeht, hat sich das BMWK hier klar festgelegt. Das BMUV wiederum ist tendenziell auf unserer Seite, allerdings nicht federführend.
Wichtig sind also die jetzt anstehenden parlamentarischen Beratungen. Hier versuchen wir, mit dem Verzicht auf die BEHG-Ausweitung in das „3. Entlastungspaket“ reinzukommen. Die Hauptstoßrichtung ist aktuell, dass in der jetzigen Inflationsphase die Politik keine zusätzlichen Belastungen beschließen darf. Auch das Wirtschaftsforum der SPD hat sich in einem Papier vom 4.08.22 klar gegen eine CO2 Bepreisung der Abfallverbrennung ausgesprochen. Ob das Gesetz denn gänzlich verhindert werden kann, hängt natürlich auch von der Gesamtlage der politischen Diskussion vor allem bezüglich der auf uns alle zukommenden Belastungen und den entsprechenden politischen Gegenmaßnahmen ab.
Der VKU und wir von der LG Küstenländer werden den Prozess weiterhin eng begleiten und sind guter Dinge, dass sich zumindest ein paar Änderungen zugunsten unser Mitgliedsbetriebe erreichen lassen. Die Referent:innen der Landesgruppe Küstenländer werden Sie zusammen mit der Hauptgeschäftsstelle selbstverständlich auf dem Laufenden halten.
Im Anschluss an dem Bericht über den Sachstand der Ausweitung des BEHG wies Sascha Plietzsch darauf hin, dass es ein Thema aus der letzten Veranstaltung gibt, zu welchem wir noch keine abschließende Rückmeldung geben können: die Deponierung freigetesteter Abfälle aus dem Rückbau von Kernkraftwerken. Es wurde damals seitens der Mitglieder angemerkt, dass es Probleme im Umgang mit der Öffentlichkeit und Proteste z.B. in Form von Bürgerinitiativen gibt. Wir sind an dem Thema dran und haben uns dazu entschlossen hierzu in nächster Zeit eine separate Veranstaltung zu organisieren, da die Thematik nicht für alle Mitgliedsunternehmen von Relevanz ist.
Es folgte der letzte Tagesordnungspunkt: Der offene Austausch unter den Teilnehmenden. Die verbliebende Zeit wurde dann dazu genutzt, auf unsere bevorstehende Landesgruppenfachtagung in Travemünde am 13. und 14.09.2022 sowie die nächste „Küstenländer kompakt“ Veranstaltung am 29.11.2022 aufmerksam zu machen. Des Weiteren wies Frau Retzlaff noch darauf hin, dass Sie ab dem 7.10.2022 bis Mitte Januar 2023 im Mutterschutz ist und von Herrn Plietzsch vertreten wird.
Alles in allem war es den Umständen entsprechend eine gelungene Veranstaltung, wobei die Referent:innen sich selbstverständlich bemühen werden, das Format stetig weiterzuentwickeln, nachzubessern und bei der nächsten Veranstaltung noch mehr interessierte Mitarbeitende aus unseren Mitgliedunternehmen und hoffentlich auch externe Referent:innen begrüßen zu können.