EU-Trinkwasser-Richtlinie
VKU fordert Anpassungen bei der Novelle der Trinkwasserverordnung 07.09.22

Die Einführung eines risikobasierten Ansatzes vom Brunnen bis zum Zapfhahn, Verschärfungen bei Parametern sowie umfassende Berichts- und Informationspflichten sieht die Zweite Verordnung zur Novellierung der Trinkwasserverordnung vor. Hierzu hat der VKU Stellung genommen und zahlreiche Anpassungen bei den neuen Verpflichtungen für die Wasserversorger gefordert.

Zweck des Entwurfs zur Novelle der Trinkwasserverordnung ist insbesondere die Umsetzung der EU-Trinkwasser-Richtlinie. Insbesondere auf Grund neuer oder geänderter Vorgaben der Richtlinie sieht der Entwurf der neuen Trinkwasserverordnung die nunmehr verpflichtende Durchführung einer Bewertung und eines Risikomanagements von Wasserversorgungsanlagen nach dem sog. „risikobasierten Ansatz“, bundesweite Risikoabschätzung der Trinkwasserinstallationen, neue oder strengere Parametervorgaben, u.a. zu Arsen, Bisphenol A, Blei, Chrom und PFAS sowie zusätzliche Informationspflichten für Wasserversorger gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern, z.B. auch zu Preisen, Wasserverlustraten oder zum Wassersparen.

Der VKU hat sich Mitte August 2022 mit einer Stellungnahme gegenüber dem Bundesgesundheitsministerium eingebracht und an der mündlichen Anhörung teilgenommen. Darin hat das Ministerium angekündigt, zahlreiche Vorschläge zu prüfen und die Regelungen ggf. anzupassen. Es bleiben jedoch weitere Kritikpunkte, die einer Nachbesserung bedürfen.

Aus Sicht des VKU sind im Referentenentwurf der Verordnung im Vergleich zur EU-Trinkwasser-Richtlinie erhebliche Verschärfungen vorgesehen, die dem Grundsatz einer „1:1-Umsetzung“ widersprechen und außerdem keine nachvollziehbaren Grundlagen haben. Zu den Verschärfungen gehört unter anderen die Absenkung der Grenzwerte für Parameter wie Arsen und Chrom. Die Absenkung des Grenzwertes für Arsen würde zu erheblichen Aufwendungen führen. In Anbetracht der aktuellen Zeiträume für Planungs- und Genehmigungsverfahren ist die angedachte Frist ohnehin nicht einzuhalten. Die in Artikel 2 vorgesehene Änderung der Mineral- und Tafelwasser-Verordnung sieht dagegen keine Absenkung des dort festgelegten Grenzwertes für Arsen von 0,010 mg/l vor.

Zudem darf die vorgesehene Festlegung von chemischen oder mikrobiologischen Höchstwerten durch die Gesundheitsämter aus Sicht des VKU nicht individuell erfolgen. Hierzu sind Vorgaben in Form von Leitlinien der obersten Landesgesundheitsbehörden oder Listen des Umweltbundesamtes (UBA) zu erstellen, um ein einheitliches Vorgehen sicher zu stellen.

Um dem Verursacherprinzip gerecht zu werden, müssen bei Beeinträchtigungen der Trinkwasserqualität, die auf das Rohwasser zurückzuführen sind, Maßnahmen von den zuständigen Behörden bei den Verursachern angeordnet werden. Dies stellt keine Aufgabe des Wasserversorgers dar. Es ist bedauerlich, dass die entsprechenden Regelungen zum risikobasierten Ansatz im Einzugsgebiet der Trinkwassergewinnung gemäß Wasserhaushaltsgesetz unter Federführung des Bundesumweltministeriums nicht bereits vorliegen.

Die Regelung zu Pestiziden sollte so präzisiert werden, dass ein Pestizid-Metabolit nur dann als relevant zu betrachten ist, wenn die Transformationsprodukte eine Gefährdung besorgen lassen und die Bildung dieses Transformationsproduktes nach der Risikobewertung überhaupt als möglich angesehen wird. Für diejenigen relevanten Metabolite, deren Transformationsprodukte ausschließlich durch oxidative Aufbereitungsverfahren entstehen, darf der Grenzwert jedoch keine Anwendung finden, wenn die Risikobewertung ergibt, dass der Betreiber ein oxidatives Aufbereitungsverfahren gar nicht nutzt. Anstatt der Anwendung einer generischen Regelung über die Definition zu relevanten Metaboliten sollte eine stoffbezogene Einzelbewertung für die fraglichen Metabolite und Transformationsprodukte durchgeführt werden.

Unter bestimmten Voraussetzungen sollte die Pflicht zur Entfernung von Bleileitungen oder betroffenen Leitungsabschnitten einer Verhältnismäßigkeitskontrolle unterzogen werden. Die Meldeverpflichtung der Wasserversorgungsunternehmen und der Installationsfirmen bei der Feststellung von Bleileitungen an das Gesundheitsamt stellt eine Verlagerung behördlich erforderlicher Prüfungen auf die Wasserversorger dar und wird daher abgelehnt.

Die neu hinzugekommenen wirtschaftlichen Informationspflichten bedürfen weiterer begrifflicher Klarstellungen um eine zielgerichtete Information der Anschlussnehmer zu ermöglichen und den Erfüllungsaufwand zu begrenzen.  Zu begrüßen ist, dass der Verordnungsentwurf auf den Anschlussnehmer als Adressat der Informationen abstellt und damit ein zentraler Hinweis der kommunalen Wasserwirtschaft bereits aufgegriffen wurde.

Der Erfüllungsaufwand wird sich für die kommunale Wasserwirtschaft durch die Neuregelungen der Trinkwasserverordnung insgesamt erhöhen, was in der Folge zu steigenden Kosten für den Endverbraucher führen wird. Mit Blick auf die aktuelle Kostenentwicklung in faktisch allen Bereichen der Lebensführung sollten daher die unterbreiteten Vorschläge zur Vereinfachung und Anpassung umfassend berücksichtigt werden.

Nächste Schritte

Auf Basis der Rückmeldung von Ländern und Verbänden und in Abstimmung mit den anderen Ressorts wird dann ein überarbeiteter Verordnungsentwurf vorgelegt werden. Zusammen mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes soll die erforderliche abschließende Beratung im Bundesrat bereits am 16. Dezember 2022 erfolgen. Die Sitzung des federführenden Gesundheitsausschusses wäre dafür am 29.11.2022, die Kabinettbefassung müsste noch im Oktober 2022 erfolgen. Ziel ist es, ein nahezu fristgemäßes Inkrafttreten bis Frühjahr 2023 zu erreichen.

Hintergrund

Die neue EU-Trinkwasser-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2020/2184)) ist am 12.01.2021 in Kraft getreten. Die Richtlinie muss bis zum 21.01.2023 in nationales Recht umgesetzt werden. Die Umsetzung soll einerseits über eine umfassende Novelle der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) auf Grundlage des entsprechend angepassten Infektionsschutzgesetzes (IfSG) unter Federführung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) in enger Abstimmung mit den Ländern erfolgen. Zur Umsetzung von Artikel 8 der Richtlinie (Einführung eines risikobasierten Ansatzes im Einzugsgebiet der Wasserversorgung) und von Artikel 16 (Errichtung und Betrieb öffentlicher Trinkwasserspender) ist andererseits eine Anpassung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) und Schaffung einer gesonderten „Artikel 8-Verordnung“ unter Federführung des Bundesumweltministeriums (BMUV) ebenfalls in Abstimmung mit den Ländern erforderlich.

Die VKU-Stelungnahme sowie Anlage finden Sie im geschlossenen Mitgliederbereich.