Übersicht über energiepolitische Themen in Bayern

28.02.23

Energiepreisbremsen sowie die anstehende Erlösabschöpfung sind für Ihre Energiesparten derzeit aufwändige Aufgaben. Von unseren Berliner Kollegen aus der Rechtsabteilung erhalten Sie regelmäßig aktuelle Informationen zu den Strom- und Gaspreisbremsen. Zudem greifen wir die Themen regelmäßig bei unserem virtuellen Mitgliederaustausch “Virtuell vor Ort” auf. Das StMWi hat eine Übersicht zu diesen Themen veröffentlicht, in der die Aspekte Höchstgrenzen, operativer Ablauf und Entlastungsbeträge aufgegriffen werden. Diese Übersicht ist über die Website des StMWi abrufbar.

Im Weiteren finden Sie einen kurzen Überblick über die aktuellen energiepolitischen Themen in Bayern:

Beim Netzwerktreffen “Energiezukunft Bayern” am 6. Februar kamen auf Einladung von Staatminister Hubert Aiwanger ca. 500 Akteure der Energiewirtschaft sowie aus Politik und Wissenschaft zusammen. Hierbei betonte der Staatsminister das bekannte Ziel, wonach erneuerbare Energien bis 2030 80 Prozent der Stromerzeugung in Bayern ausmachen sollen. Bei der Gelegenheit merkte der Staatsminister an, dass es keine verbindlichen Ausbauziele für einzelne Energieträger geben werde, da diese durch Entwicklungen in der Realität zumeist über den Haufen geschmissen werden müssten. Zudem mahnte er an, bei der Umsetzung der Energiewende Pragmatismus walten zu lassen und Auslegungsspielräume von Gesetzen zu nutzen. Sein Ministerium sammle derzeit Beispiele für Hürden, die der Energiewende im Wege stünden.

Das im Sommer 2022 unterzeichnete Memorandum of Understanding zum Ausbau der Verteilnetze und erneuerbaren Energien soll mit Maßnahmen weiter unterlegt werden. Das StMWi hat Vorschläge an die Verbände und Netzbetreiber unterbreitet. Diese werden aktuell kritisch diskutiert und durch Feedback u.a. aus unserer Landesgruppengeschäftsstelle kommentiert. Die vorgelegten Positionen zeigen Gesprächsbedarf hinsichtlich der Bedeutung und Chancen von Flexibilitäten, der Unterstützung von §14 d durch das StMWi und die Ausrichtung der energiewirtschaftlichen Ziele Bayerns für eine „Fortschreibung des Energieplan Bayern 2030 bis mindestens 2040“.

Geothermie

Geothermie soll seit dem Energieprogramm 2019 der bayerischen Staatsregierung langfristig 25 % der Wärmeversorgung in Bayern beitragen. Dafür sind Wärmenetze im Fokus und hydrothermale Tiefenbohrungen im Süden, aber auch die Forschung zu „hot rock“-Verfahren im Norden Bayerns.

Hierzu fanden im November 2022 und im Januar 2023 zwei Runde Tische Geothermie unter Leitung von Staatsminister Aiwanger statt, an denen relevante Mitgliedsunternehmen aus dem Münchner Raum sowie die Geschäftsstelle teilgenommen haben. Staatsminister Aiwanger hat zudem die Verwaltung beauftragt, die akademische Vorlage des Masterplans Geothermie operativ auszugestalten. Wesentlicher Diskussionspunkt bleibt dabei die Unterstützung durch das BEW, wofür bei den Gesprächen auch das BMWK regelmäßig vertreten war.

Zu lösen sind weiterhin zum einen Finanzierungsfragen und Risikoabsicherungen zur Fündigkeit auch für diejenigen, die nicht durch eine Mehrzahl eigener Bohrungen diese streuen können. Zum anderen bleiben flächendeckende Seismik, Genehmigungsprozesse und Umwelt-, wie auch wasserrechtliche Aspekte zu klären. Dabei scheint das sogenannte „Unterbohren“ von Grundwasservorkommen für die mehrere 1000 Meter tiefe hydrothermale Geothermie im Süden derzeit einer Klärung nahe. Sie kam im Zuge des neuen Leitfadens zu Tiefengrundwasser (erneut) auf.

Bestehen bleiben die üblichen Fragen der wirtschaftlichen Dichte in Wärmenetzen, die grundlegend für alle leitungsgebundenen Wärmelösungen sind, jedoch durch die hohen Investitionskosten der Geothermiegewinnung besonderen Stellenwert haben. Das StMWi erwägt, eine koordinierende Stelle zu schaffen, um dem Ziel der 25 % Wärme aus Geothermie Gewicht zu verleihen. Dabei sind auch weitere Potenziale der mitteltiefen und oberflächennahen Geothermie im Gespräch. Ähnlich der Windkümmerer sollen auch hier Berater installiert werden, die die Kommunen begleiten könnten.

In ähnlicher Weise wurde die Thematik am 3.2.2023 bei einem Runden Tisch der SPD-Landtagsfraktion auf Einladung des Vorsitzenden von Brunn und MdL Annette Karl sowie unter Anwesenheit der MdB Mehltretter und Hümpfer diskutiert. Dort wurden auch die Optionen der Verknüpfung von Geothermie und Wärmepumpen erörtert. Mit anwesend waren Institute der Fraunhofer Gesellschaft, Geothermiebetreiber und -dienstleister. Fraunhofer hat bei Holzkirchen ein Anwendungszentrum, das Wärme inklusive der Gebäudehüllen und Hausinstallationen durchgängig beleuchtet. Bohrverfahren zur oberflächennahen Geothermie sind dort für die Umsetzung im Bestand in Untersuchung.

Aktuelle energiewirtschaftliche Studien

In Anbetracht der angestrebten Klimaneutralität Bayerns bis 2040 sowie zeitlich nachgelagert auf Bundes- und EU-Ebene beschäftigen sich derzeit verschiedenen Studien mit den zukünftigen Energiebedarfen und deren Deckung. Diese beinhalten wichtige Verschiebungen in Primärenergiebedarfen.

Der VBEW und die FfE veröffentlichten im Juli 2022 die Kurzstudie “Energiewende on track”, die sich mit dem Umsetzungsstand der Energiewende in Bayern befasst. Für die angestrebte Klimaneutralität seien PV-Anlagen mit einer Leistung von ca. 80 GW sowie Windkraftanlagen mit ca. 13 GW erforderlich. Auf Basis des Ausbautempos im Jahr 2021 kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass das erforderliche Ausbautempo bei allen acht Indikatoren (Zubau Windkraftanlagen und PV, Sanierung Heizungsanlagen, Sanierungsrate Wohngebäude, Installation Großbatterieanlagen und Großelektrolyseure, Zulassung von Fahrzeugen mit nachhaltigem Antrieb sowie Ertüchtigung Umspannwerke) nicht erreicht wurde. Somit ist ein deutlich höheres Tempo notwendig, um die verfehlten Ziele der Vorjahre aufzuholen. Im Frühjahr 2023 soll in der detaillierten Folgestudie der Energieverbrauch und die Energiebereitstellung bis auf Landkreisebene und Jahre heruntergebrochen werden.

Der notwendige Handlungsbedarf wird auch im Oktober 2022 veröffentlichten Abschlussbericht zur Studie “Trans4In – Energietransformation im Chemiedreieck Bayern” herausgestellt. Diese Studie der Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft mbH unter Mitwirkung von Akteuren wie bayernets GmbH, Bayernwerk AG, Tyczka GmbH und Wacker Chemie AG, skizziert mit dem “Wasserstoffpfad” und dem “Strompfad” zwei unterschiedliche Szenarien zur Dekarbonisierung:

Wasserstoffpfad: Mit Anbindung an überregionales Wasserstoffnetz ab 2030 ergibt sich ein Energieverbrauch von 16 TWh/a im Jahr 2050, der sich mit 10,7 TWh/a auf den Stromverbrauch und 5,5 TWh/a auf den Wasserstoffverbrauch aufteilt.

Strompfad: Der gesamte Energieverbrauch im Strompfad liegt bei 18 TWh/a im Jahr 2050, wobei bei diesem Szenario der Wasserstoff mittels Elektrolyse bei den Industriepartnern vor Ort produziert wird.

Dem gegenüber stehen ein Stromverbrauch von 3,8 TWh und ein Erdgasverbrauch von 5,7 TWh im Referenzjahr 2019. Unberücksichtigt bleibt in der Studie der Stoffstrom Rohöl, von dem im Referenzjahr 3,8 Mio. t (rund 45 TWh) zum Einsatz kamen. Auf besagte Nachfrage hin konnte weder der VCI, noch die ffe beantworten, wie die Verschiebung stofflicher Rohöhlnutzung in stoffliche Wasserstoffnutzung in der Studie wirkt.

Näher zu analysieren bleibt somit die Aussage, dass sich durch die Transformationsstrategien der Unternehmen der Leistungsbedarf aus dem Stromnetz im Szenario Wasserstoffpfad verdoppeln und im Szenario Strompfad vervierfachen könnte. Nachfragen zu Auswirkungen auf die netzseitigen Anschlusskapazitäten etwa aus parallelem Betrieb von Luftzerlegern und Elektrolyseanlagen konnten jedoch nicht beantwortet werden.

Zur Deckung des Stromverbrauchs im Strompfad wäre der Neubau je einer 4,5 MW-Windkraftanlage pro Woche in der Region ab 2023 erforderlich. Alternativ müsste laut Studie die Anschlusskapazität von 0,6 GW im Jahr 2019 auf 2,1 GW erhöht werden.

Im Falle eines europäischen Wasserstoffnetzes sieht die Studie die Anschlussleistung für Wasserstoff bei 1,1 GW – auch hier ist unklar, für welche ggf. sich überschneidende Nutzungen. Das Stromnetz müsste parallel von 0,6 auf 1,2 GW Anschlusskapazität erweitert werden.