Die Wasserwende in Bayern: Das Wasser-Quartier Ammersee-Ost stellt sich vor

15.02.21

Mit 13 Wasser-Quartieren bundesweit setzt sich das Projekt “Wasserwende – Trinkwasser ist Klimaschutz” für das Trinkwasser als klimafreundlichen, lokalen und günstigen Durstlöscher ein. Eines der zwei bayerischen Wasser-Quartiere ist Ammersee-Ost, in dem unser VKU-Mitglied, die AWA-Ammersee Wasser- und Abwasserbetriebe, und weitere lokale Partner aktiv sind. Kern ist es, die Vorteile von Leitungswasser aufzuzeigen und sich für bessere Zugänge zu kostenfreiem Trinkwasser zu engagieren.

Das Projekt wird von a tip: tap (ein Tipp: Leitungswasser) durchgeführt, ein gemeinnütziger Verein, der sich für den Genuss von Leitungswasser einsetzt, um Plastikmüll, CO₂ und Geld zu sparen. Silke Meusel von a tip:tap ist lokale Aktionskraft im Wasser-Quartier Ammersee-Ost und für die Umsetzung des Projektes vor Ort zuständig. Frau Dörnbrack hat sie und Maximilian Bleimaier, Vorstand der AWA-Ammersee, zum bisherigen Verlauf des Wasser-Quartiers befragt, welches nun seit gut einem Jahr läuft. Natürlich hat uns dabei auch besonders die Rolle der kommunalen Wasserversorger interessiert, die seit jeher die wichtige Arbeit leisten, sich für einen flächendeckenden und umfassenden Trinkwasserschutz und somit die hervorragende Qualität des Leitungswassers einzusetzen.

VKU: Frau Meusel, was passiert in einem Wasser-Quartier und warum ist es nötig?

Silke Meusel: In einem Wasser-Quartier wollen wir nah an den Bürger*innen sein, vor Ort mit ansässigen Partnern die Wasserwende voranbringen: Also das Bewusstsein für unser gutes Leitungswasser schaffen, das selbstverständlich auch zum Trinken gedacht ist und nicht nur zum Putzen, Waschen und Toilette spülen genutzt werden sollte. Denn unser Wasser hier in Herrsching hat eine hervorragende Qualität, wird regelmäßig von der AWA-Ammersee kontrolliert und schmeckt auch sehr lecker. Eine Trinkwasseraufbereitung ist wegen der Gewinnung aus natürlichem und qualitativ hochwertigem Grundwasser nicht notwendig.

Viele Konsument*innen haben es vielleicht auch schon lange nicht mehr probiert, wie es schmeckt, so ein Glas frisch gezapftes Leitungswasser – das wollen wir erreichen, dass möglichst viele von Flaschen- auf Leitungswasser umsteigen. Gerade jetzt im Homeoffice ist das ideal!

VKU: Herr Bleimaier, als regionaler Wasserversorger sind Sie der wesentliche Partner des Projektes. Wie haben Sie von den Wasser-Quartieren erfahren und was hat dazu geführt, dass Sie sich für eine Beteiligung der AWA-Ammersee entschieden haben?

Maximilian Bleimaier: Die Beteiligung an einem solchen Projekt ist für die AWA-Ammersee selbstverständlich. Wir arbeiten gerne mit a tip: tap zusammen, um die Bedeutung der Wasserwende und die damit verbundenen Benefits für die Umwelt in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen: „Leitungswasser trinken ist Klimaschutz“. Zusammen nutzen wir Synergien. Die AWA hat das Knowhow rund um die Trinkwassergewinnung und Verteilung, a tip: tap bietet uns über Veranstaltungen und Seminare sozusagen ein gutes Sprachrohr, um die Bürger*innen zum Umdenken zu bewegen. Es ist unbequem und teuer Flaschenwasser zu beschaffen – der Hahn ist die umweltfreundlichere- und zugleich günstigere Alternative.

VKU: Was sind Ihre Ziele und Pläne für das Wasser-Quartier Ammersee-Ost dieses Jahr?

Silke Meusel: 2021 hoffen wir, noch präsenter sein zu können. Leider hat uns ja Corona letztes Jahr unsere Pläne sehr durcheinandergewirbelt. Dieses Jahr soll nun der Brunnen vor dem Rathaus angeschlossen werden – er wartet nur darauf! Dann sind wir einem unserer Ziele – Trinkorte zu schaffen – schon ein gutes Stück näher.

Doch es soll nicht bei diesem Brunnen bleiben, Ideen für weitere Standorte gibt es bereits. Außerdem sollen die Bürger*innen und Gäste Herrschings noch mehr Möglichkeiten bekommen, ihre Flaschen kostenlos aufzufüllen. Dafür soll das Angebot an Refill-Stationen ausgebaut werden. Ich möchte auch in Kitas und Schulen gehen, sobald das wieder möglich ist, und dort die Kinder und Jugendlichen für das unverpackte, frische Wasser begeistern, denn sie haben hier einen echten Schatz. In 2020 haben wir begonnen, unser Bildungs- und Beratungsarbeit auch online anzubieten, da sind wir inzwischen super aufgestellt und können ganz flexibel Unternehmen, Schulen oder Institutionen zum Umstieg auf Leitungswasser beraten.

Der jährlich von den Vereinten Nationen ausgerufene Weltwassertag am 22. März hat 2021 das Thema "Wasser wertschätzen". Wir starten deutschlandweit eine Bewegung und tolle Fotoaktion unter dem Motto "Leitungswasser Liebe". Gleich reinschauen und mitmachen unter: https://atiptap.org/projekte/weitere/weltwassertag/

Maximilian Bleimaier: Nicht nur im öffentlichen Raum möchten wir den Zugang zu frischem Trinkwasser erleichtern. Unsere Mitarbeiter wurden kürzlich mit thermisch isolierten Trinkflaschen ausgestattet. In 2021 wird in unserem Bürogebäude auch ein Trinkwasser-Spender installiert. So können unsere Mitarbeiter*innen noch komfortabler gekühltes und gesprudeltes Leitungswasser zapfen. Wir sorgen uns um die gesunde Flüssigkeitsaufnahme unserer Mitarbeiter*innen – dafür wurden wir von a tip:tap auch als leitungswasserfreundliches Unternehmen ausgezeichnet.

VKU: Welche Erfahrungen haben Sie bisher vor Ort gemacht? Wie kommt das Projekt bei der Bevölkerung an und gibt es auch Schwierigkeiten?

Silke Meusel: Ich habe mit meinen Partnern vor Ort sehr positive Erfahrungen gemacht: Sie kommen mit ihren Ideen auf mich zu und unterstützen mich mit ihren Kontakten. Besonders zu schätzen weiß ich die Begeisterung unseres Schirmherren und Bürgermeisters Christian Schiller – er ist wirklich begeisterter Leitungswassertrinker und hat das gesamte Team im Rathaus mit ins Boot geholt. Da haben wir sehr positives Feedback.

Schwierig ist es durch Corona geworden, der Wasserversorger hat einen Pandemieplan umzusetzen und Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Da stehen wir mit der Umsetzung unserer Idee erstmal zurück – verständlicherweise. Gleiches gilt für unsere gesamte Bildungsarbeit und unsere Präsenz im wahren Leben, also draußen bei den Leuten auf der Straße, in den Schulen, Kitas und Unternehmen.

VKU: Wo stehen wir in Sachen „Trinkwasser ist Klimaschutz“ und was braucht es für eine bayernweite Wasserwende?

Silke Meusel: Wir haben Anfang 2020 eine Studie bei GUTcert in Auftrag gegeben, um herauszufinden, wie viel CO2 wir einsparen könnten durch den Umstieg von Flaschen- auf Leitungswasser. Das ist einiges! Wenn man das auf den gesamten Konsum von Mineralwasser hochrechnet, könnten wir in Deutschland drei Millionen Tonnen CO2 einsparen pro Jahr. Das ist 1,5-mal so viel wie durch den innerdeutschen Flugverkehr entsteht!

Wir würden uns freuen, wenn alle bayerischen Wasserversorger die Wasserwende unterstützen würden. Es wäre doch echt klasse, wenn wir so viele Wasser-Quartiere in Bayern hätten – ein riesiges leitungswasserfreundliches Netzwerk.

Maximilian Bleimaier: Ein Netzwerk mit guter Öffentlichkeitsarbeit zu schaffen ist Grundvoraussetzung. Der CO2 Vergleich mit dem innerdeutschen Flugverkehr ist erschreckend – umso wichtiger ist es, das Bewusstsein darüber in der Bevölkerung zu schaffen. Jeder Einzelne kann die Situation verbessern. Dabei können auch kleine Wasserversorgungsunternehmen einen wichtigen Beitrag leisten.

VKU: Wie können interessierte bayerische Wasserversorgungsunternehmen an der Wasserwende mitwirken?

Silke Meusel: Es gibt viele Möglichkeiten, wie die Wasserversorger mitmachen und uns unterstützen können. Sie können an einem unserer Online-Seminare teilnehmen oder selber Referent*innen werden. Sie können sich als leitungswasserfreundlich auszeichnen lassen. Darüber hinaus wollen wir bis April 2022 zehn Assoziierte Partnerschaften gewinnen, dort können auch Wasserversorger für ihr Wasser-Quartier die Führung übernehmen. Wir zeigen ihnen dann wie ein Wasser-Quartier funktioniert und was sie alles für tolle Aktionen rund um unser Trinkwasser durchführen können. Meldet Euch bei uns!

VKU: Welche Bedeutung kommt den kommunalen Wasserversorgern in dem Projekt zu und welche Ratschläge haben Sie abschließend noch an unsere anderen VKU-Mitgliedern, die sich in diesem Bereich noch verstärkt engagieren wollen?

Maximilian Bleimaier: Als Wasserversorger sind wir der zentrale Ansprechpartner für die Umsetzung der Wasserwende. Wir unterstützen das Projekt mit technischem Fachwissen. Auch unser Personal ist bei der Umsetzung eingebunden. Im Umkehrschluss profitieren auch unsere Mitarbeiter*innen und sind zudem Multiplikatoren der Begeisterung für Leitungswasser. Mit etwas Glück findet man durch die neu gewonnene Aufmerksamkeit sogar motivierte neue Mitarbeiter*innen.