Mit diesem Urteil hat das VG München die Klage eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (örE) gegen den Betreiber eines dualen Systems im Sinne des § 6 Abs. 3 VerpackV auf abgewiesen. Mit der Klage verfolgte der örE das Ziel, den Systembetreiber zu einer Anpassung der im Jahr 1993 geschlossenen Abstimmungsvereinbarung zu verurteilen. Der Systembetreiber war so genannter Abstimmungsführer, d.h. von den übrigen Systembetreibern beauftragt, die Abstimmungsverhandlungen für das betroffene Gebiet zu führen und das „Ausschreibungsverfahren“ für die Erfassung der gelben Säcke durchzuführen. Der örE wollte die seit 1993 in der Abstimmung vereinbarte Abholung der gelben Säcke im 30-täglichen Rhythmus auf einen 14-täglichen Rhythmus umstellen. Dieses Verlangen begründete er mit einem erheblichen Anstieg der Bevölkerung, dem Anstieg der erfassten Mengen, Lagerungsproblemen in einer verdichteten Wohnbebauung, hygienischen Aspekten und der Gefahr des Aufrisses der Säcke durch Tiere sowie Windvertreibung der Säcke und Abfälle. Letztlich spreche auch der Gleichheitsgrundsatz für eine 14-tägliche Leerung, denn in 15 von 23 Gemeinden des Kreisgebiets erfolge eine 14-tägliche Erfassung. Der örE stützte seinen Anspruch auf eine Regelung der Abstimmungsvereinbarung bzw. auf § 6 Abs. 4 S. 11 VerpackV 2008.
Das VG hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Es könne dahin gestellt bleiben, ob die Abstimmungsvereinbarung oder § 6 Abs. 4 VerpackV die einschlägige Anspruchsgrundlage sei. In jedem Fall müsse eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse seit Abschluss der Abstimmungsvereinbarung (1993) eingetreten sein, die ein gewisses Gewicht habe. Außerdem müsse die begehrt Änderung als solche angemessen sein, und daran fehle es hier. Die Klägerin berufe sich auf einen Anstieg der Bevölkerung und der erfassten Mengen. Ob diese Entwicklung überhaupt eine relevante Änderung darstellt, lässt das VG offen. Die von der Klägerin gelten gemachten Lagerungsprobleme und hygienischen Aspekte seien jedoch nicht neu, da in der Gemeinde seit jeher ein verdichteter Wohnungsbau bestehe. Auch die Gefahr des Aufrisses der Säcke durch Tiere sowie die Gefahr der Windverwehung seien nicht neu. Diese Gefahren bestünden außerdem unabhängig vom Abholrhythmus. Unerheblich sei es, dass in anderen Gemeinden im Kreisgebiet die Abholung der Säcke im 14-täglichen Rhythmus erfolge. Im vorliegenden Fall gehe es allein um die Abstimmung zwischen der Klägerin und der Beklagten. Entscheidend sei jedoch, dass die von der Klägerin beanspruchte Änderung der Abstimmungsvereinbarung nicht angemessen sei. Der Begriff der Abstimmung verlange eine wechselseitige Rücksichtnahme auf die jeweiligen Interessen und das ernsthafte Bemühen um einen angemessenen Interessenausgleich. Auf objektiv unangemessene Forderungen müsse sich keiner der Beteiligten einlassen. Eine Abstimmung mit einem bestimmten Inhalt könne daher nicht einseitig erzwungen oder eingeklagt werden. Ein Anspruch auf Vereinbarung eines bestimmten Inhalts sei ausnahmsweise nur dann gegeben, wenn der durch § 6 Abs. 4 VerpackV eröffnete Gestaltungsspielraum derart eingeschränkt sei, dass allein die begehrte Vereinbarung den beiderseitigen Interessen gerecht würde. Diese Voraussetzungen lägen im vorliegenden Fall indessen nicht vor. Die Klägerin habe verlangt, dass die durch die Verkürzung des Abholrhythmus‘ entstehenden Mehrkosten allein von der Beklagten getragen würden. Diese Forderung würde die Beklagte benachteiligen und hier wären andere Lösungen vorstellbar – etwa eine Kostensteilung oder aber die Verkürzung des Abholrhythmus auf 21 Tage. Die Klägerin habe jedenfalls nicht erwarten können, dass sie für das von ihr verlangte Zugeständnis keine Gegenleistung erbringen müsse. Denkbar wäre z. B. auch eine Reduzierung der Nebenentgelte gewesen.
Das Urteil des VG München macht ein weiteres Mal deutlich, dass es Konsensualprinzips des § 6 Abs. 4 VerpackV es nach Auffassung der Gericht in der Regel ausschließt, eine Abstimmung mit einem bestimmten Inhalt einzuklagen. Viele örE haben bereits die Erfahrung gemacht, dass Forderungen nach der Verkürzung des Abholrhythmus‘ oder nach Umstellung von gelben Säcken auf gelbe Tonnen abgelehnt werden. Das Urteil zeigt weiter, dass die Einführung der so genannten Abstimmungsführerschaft keine Erleichterung bei den Verhandlungen mit den Systembetreibern mit sich bringt. Nach wie vor müssen sich alle Systembetreiber mit dem örE abstimmen, und alle relevanten Änderungen der Abstimmungsvereinbarung müssen ohnehin von allen Systembetreibern befürwortet werden. Angesichts der steigenden Anzahl von Systembetreibern auf demnächst elf werden einvernehmliche Lösungen mit allen Systembetreibern immer schwieriger erzielbar.