Gut gemeint ist nicht gut gemacht
Bundeswirtschaftsministerium legt Entwurf zum Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz vor 01.06.22

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Das Bundeswirtsministerium hat den Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Bereithaltung von Ersatzkraftwerken zur Reduzierung des Gasverbrauchs im Stromsektor im Fall einer drohenden Gasmangellage durch Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes und weiterer energiewirtschaftlicher Vorschriften (Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz)“ über das Christi-Himmelfahrts-Wochenende in die Länder- und Verbändeanhörung gegeben. Mit dem BMWK-Vorschlag soll das Ziel verfolgt werden, die Energieversorgungssicherheit in Deutschland vor dem Hintergrund der energiewirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Krieges zu stärken. Dafür sollen zum einen dem Strommarkt weitere Erzeugungskapazitäten, u. a. Kohlekraftwerke aus der Netzreserve, zur Verfügung gestellt werden. Zum anderen ist eine Verordnungsermächtig vorgesehen, um im Gefährdungsfall des Gasversorgungssystems sehr schnell den Einsatz von Gaskraftwerken beschränken zu können. Dazu soll die Verstromung von Erdgas mit einer Pönale versehen werden.

Der VKU hat trotz der kurzen Frist Stellung bezogen und sieht dringenden Nachbesserungsbedarf. Viele Regelungen werden im Referentenentwurf bislang weitestgehend offen formuliert. Ihre nähere Ausgestaltung wird späteren Verordnungen des BMWK überlassen. Dies betrifft insbesondere die Regelungen zu den Maßnahmen zur Reduzierung der Gasverstromung. Im Hinblick auf den dort vorgesehenen äußerst weitreichenden Eingriff in den Markt und in den wirtschaftlichen Tätigkeitsbereich der kommunalen Unternehmen erzeugt die Unbestimmtheit der Verordnungsermächtigung ein sehr hohes Maß an Unklarheit und ein unkalkulierbares Risiko bezogen auf bereits eingegangene, rechtsgültige Geschäfte, die vom Gasbezug über bereits vermarktete Stromerzeugung bis hin zur Fernwärmelieferung aus KWK-Anlagen reichen. So sind dort weder die Kriterien für den Auslösetatbestand definiert, noch Details zur Höhe und Bezugsgröße der Pönale, ebenso wenig zum Anwendungsbereich (Anlagengröße) oder zur Art und Höhe etwaiger Kompensationen.

Abgesehen von der großen Unbestimmtheit der geplanten Regelungen stellt die Pönalisierung der Erdgasverstromung ganz grundsätzlich einen massiven Markteingriff dar, der erhebliche wirtschaftliche Schäden erwarten lässt und zudem unnötig ist. In einer Krisensituation ist dadurch keine sinnvolle Lenkungswirkung zu erwarten, zugleich würden aber Mehrkosten in Milliardenhöhe auf die kommunalen Energieversorger und ihre Kundinnen und Kunden zukommen. Zur Reduktion von Gas in der Stromerzeugung sollte vielmehr auch weiterhin die Wirkung von Marktsignalen ermöglicht werden, wodurch - ergänzt durch die im Gesetzentwurf geplante temporäre Rückkehr der Kohlekraftwerke an den Strommarkt - die Gasverstromung weitestgehend zurückzudrängend würde.

Sollte der Gesetzgeber dennoch an der Pönalisierung festhalten, muss zwingend im Gesetz definiert werden, wie die auslösende Störung oder Gefährdungssituation beschaffen ist  – etwa geknüpft an die Ausrufung der sogenannten Alarmstufe im Notfallplan Gas. Neben einer verbindlichen Verankerung von Entschädigungsregelungen bereits in diesem Gesetz, müssen dringend die Auswirkungen der Pönale auf die Wärmeversorgung begrenzt werden. Sollte sie nämlich auch KWK-Anlagen betreffen, würde die Wärmeversorgung der privaten Haushalte und geschützten Kunden gefährdet. Die unterschiedslose, mehrere Monate wirkende Pönale auf Wärmeerzeugung in der Kraft-Wärme-Kopplung würde ihr die wirtschaftliche Grundlage entziehen. Ein weiteres Problem für kommunale Energieversorger: Langfristig kontrahierte Strommengen müssten am Markt zu Höchstpreisen zurückgekauft werden. In Summe geht dies zu Lasten der Unternehmen und am Ende auch der Kundinnen und Kunden.

Unabhängig von den o. g. Kritikpunkten darf jede Einschränkung des Gasverbrauchs nicht unterschiedslos für sämtliche Nutzungsarten und Gase gelten. Dies betrifft vor allem die Fernwärme, gilt aber ebenso für als systemrelevant eingestufte Gaskraftwerkskapazitäten, thermische Abfallbehandlungs- und Biomasseanlagen. Diese Nutzungen sollten wie die Verwendung in der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung von vornherein von Restriktionen ausgenommen sein. Dies gilt ebenso für Anlagen, soweit sie mit Grün- bzw. Biogas betrieben werden.


Der VKU wird das Thema weiterhin eng begleiten und sich aktiv in die anstehenden Diskussionen einbringen.