Fragen zur Studie - Datenbasis und Ergebnisse

Ist die Studie repräsentativ? Es gibt deutschlandweit tausende Wasserver- und Abwasserentsorger, aber die Studie hat als Datenbasis nur 94 Unternehmen?

  • Die Studie ist eine makroökonomische Abschätzung des Investitionsbedarfes in der Wasserwirtschaft. Die Annahmen und Bedingungen, die für die Konstruktion des Modells notwendig sind, orientieren sich an vorhandenen öffentlichen Daten, beispielsweise vom statistischen Bundesamt, sowie Erfahrungswerten aus Projekten der Studienmacher. Die Studienmacher haben ihr Modell dem Praxistest unterzogen, indem sie knapp 100 relevante Unternehmen aus der Branche der Wasserwirtschaft in Einzelinterviews zu ihren Investitionsplänen befragt und damit das Modell auf Plausibilität geprüft haben. Dadurch wurden die für das Modell erforderlichen Annahmen durch einen Praxischeck verifiziert. Bei dieser Datenbasis gehen wir von sehr belastbaren Ergebnissen aus. 
    Für detailliertere Fragen zur Methodik der Studie, ab Seite 10, und Datenbasis, ab Seite 25, nutzen Sie bitte das Gutachten.

​​​​Fragen zu den Ergebnissen Sie sprechen von 800 Mrd. Euro Investitionskosten für die Wasserwirtschaft in den kommenden 20 Jahren. Steigen dadurch die Preise? Wenn ja: Wie hoch werden die Preissteigerungen für den Einzelnen sein?

  • Die Entgelte werden durch die erforderlichen Erhöhungen der Investitionen kontinuierlich steigen. Investitionen von 10.000 Euro pro Kopf für einen Zeitraum von 20 Jahren müssen refinanziert werden. Durch die langen Nutzungsdauern – und damit verbundenen langen Abschreibungszeitpunkte – schlagen sich die Investitionen aber nicht 1:1 und nicht auf einen Schlag in den Entgelten nieder, sondern kommen reduziert und erst nach und nach bei den Kundinnen und Kunden an. Gleichwohl ist ein so massiver Investitionsbedarf ein Handlungssignal an die Politik.
    Ohne Fördermittel und kostendämpfende Maßnahmen (beispielsweise könnte man die Mehrwertsteuer auf Trinkwasser absenken) muss man im Schnitt davon ausgehen, dass sich die Entgelte für Wasser und Abwasser nur aufgrund der steigenden Investitionen in den kommenden 20 Jahren (der Zeitraum, den die Studie überblickt) etwa verdoppeln. Andere möglicherweise preissteigernde Elemente, wie Preise für eingesetzte Energie oder für Arbeitskräfte sind dabei noch nicht berücksichtigt. Wir werden künftig einen Preisanstieg sehen, der merklich über der “normalen” Inflationsrate liegt.
    Dieses Tempo und Preisspitzen müssen gekappt werden. Dafür brauchen wir politische Unterstützung. 2 Hinweis: Die Preise für Trinkwasser und Abwasser variieren von Ort zu Ort, weil die Gegebenheiten unterschiedlich sind (zum Beispiel Geografie, Hydrologie, Siedlungsstruktur, Demografie oder eben der konkrete Investitionsbedarf vor Ort). Entsprechend wird auch der absolute Preis für Wasser und Abwasser vor Ort variieren.

85 Prozent der zukünftigen Investitionen gehen in den Erhalt der aktuellen Infrastruktur. Haben Sie die Infrastrukturen in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten vernachlässigt?

  • Nein. Die Infrastrukturen sind gut in Schuss, dennoch hält keine Leitung ewig – auch bei bester Pflege nicht. Aktuell rollt eine riesige Investitionswelle auf uns zu, und wir stehen vor dem zweiten großen Investitionszyklus der Wasserwirtschaft. So lange Leitungen und Kanäle gut in Schuss sind, wäre es unsinnig, diese auszutauschen. Irgendwann kommt jedoch jeder Baustein eines Systems ans Ende seiner Nutzungsdauer und muss erneuert oder ersetzt werden. Zudem müssen wir gleichzeitig die Infrastrukturen noch an den Klimawandel anpassen.

    In den nächsten Jahren kommen überproportional viele wasserwirtschaftliche Anlagen und Netze langsam ans Ende ihrer Nutzungsdauer. Das liegt auch an den Investitionszeiträumen in der Vergangenheit. Viele Anlagen und Netze stammen aus der Zeit des Wiederaufbaus nach dem zweiten Weltkrieg oder der Zeit davor. Gleichzeitig sind infrastrukturelle Anforderungen an den Klimawandel notwendig.

Wie alt sind die wasserwirtschaftlichen Anlagen in Deutschland im Schnitt?

  • Im Rahmen der Studie wurden besonders die Netzteile in den Blick genommen, die vor 1965 gebaut wurden. Diese überschreiten in diesem Jahr mindestens die 60-Jahre-Grenze oder sind bereits deutlich älter. Da die Studie den Investitionsbedarf der kommenden 20 Jahre abschätzt, sind es diese Netzanteile, die in diesem Zeitraum prioritär angepackt werden müssen.
    Wasserversorgungsnetze: 27,5 Prozent der untersuchten Unternehmen gaben an, dass 40 Prozent ihres Versorgungsnetzes vor 1965 gebaut wurde. 39,1 Prozent gaben an, das 20 bis 40 Prozent ihres Netzes vor 1965 errichtet wurden. Ein Drittel (33,3 Prozent) der Unternehmen nannten einen Anteil von unter 20 Prozent ihres Netzes, der vor 1965 gebaut wurde.
    Abwasserentsorgungsnetze: 22 Prozent der untersuchten Unternehmen gaben an, dass ein Anteil von mehr als 40 Prozent ihres Netzes aus Baujahren vor 1965 stammt. 39,0 Prozent der Unternehmen gaben an, dass 20 bis 40 Prozent ihres Netzes in diesem Zeitraum errichtet wurden. Bei 39,0 Prozent der Unternehmen lag der Anteil der Baujahre vor 1965 bei unter 20 Prozent.

Wie hoch sind die Leckage-Raten?

  • Die wasserwirtschaftlichen Infrastrukturen in Deutschland sind mit die besten und zuverlässigsten der Welt. Das liegt an der kontinuierlichen Instandhaltung und den Investitionen der deutschen Wasserwirtschaft von jährlich 10 Milliarden Euro. Es gelten zudem strenge Bau- und Qualitätsstandards. Anlagen und Netze werden regelmäßig gewartet, um Leckagen und andere Probleme zu verhindern. Bspw. konnten die Wasserverluste in Wasserleitungen in den vergangenen 20 Jahren kontinuierlich reduziert werden und lagen im Schnitt zwischen 5 und 7 Prozent.
    Die Zahlen zeigen, dass die Wasserver- und Abwasserentsorger in der Vergangenheit einen guten Job gemacht haben. Damit die Ver- und Entsorgung aber auch für die kommenden Generationen sicher aufgestellt ist, müssen sie jetzt durch die Umsetzung der erforderlichen Investitionen dafür sorgen, dass es auch so bleibt.
    Natürlich kann es dennoch immer gelegentlich zu Lecks und Störungen kommen. Keine Leitung hält ewig. Wann der Zeitpunkt für eine grundlegende Sanierung oder Erneuerung richtig ist, hängt von vielen Faktoren ab. Hier spielen Material und Instandhaltungsmaßnahmen eine wesentliche Rolle. Die technisch und wirtschaftlich sinnvolle Netzerneuerungsrate muss jedes Unternehmen unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten – z. B. Rohrnetzmaterial, Netzalter, Schadensraten oder Leckagen – ermitteln.

Sie fordern auch für den Bereich der Wasserversorgung eine Herstellerverantwortung. Was genau meinen Sie damit? Wo ist der gesetzliche Anknüpfungspunkt. Wer soll konkret wie in die Pflicht genommen werden?

  • Durch die EU-Kommunalabwasserrichtlinie werden Hersteller von Arzneimittel- und Kosmetikprodukten zukünftig an den Kosten der Abwasserbehandlung beteiligt. Ziel ist es, dadurch Spurenstoffe aus dem Abwasser zu entfernen und gleichzeitig Anreize zu etablieren, Einträge in den Gewässerkreislauf von vornherein zu vermeiden. Dieses System ließe sich auch auf weitere Produzenten ausweiten, die Substanzen herstellen/nutzen, die sich später im Wasserkreislauf wiederfinden. Im Bereich der Wasserversorgung zum Beispiel auf PFAS oder auch auf Pestizideinträge aus der Landwirtschaft. Dadurch könnten zumindest die technologischen Mehrkosten gegenfinanziert werden, die mit der Aufbereitung der durch diese Stoffe verunreinigten Ressourcen einher gehen.