Abfallvermeidungsprogramm des Bundes wird fortgeschrieben
BMU veröffentlicht Entwurf zur Fortschreibung des Abfallvermeidungsprogramms des Bundes 29.07.20

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit plant das Abfallvermeidungsprogramm des Bundes aus dem Jahr 2013 unter dem Titel „Wertschätzen statt Wegwerfen“ fortzuschreiben und hat einen ersten Entwurf veröffentlicht. Dieser ist dem Grunde nach zu begrüßen, sollte an einigen Punkten jedoch nachgebessert werden.

Im Sommer 2013 hat das Bundeskabinett das Abfallvermeidungsprogramm des Bundes verabschiedet und kam so der Verpflichtung aus § 33 Abs. 1 KrWG nach. Das Programm soll als Planungsinstrument die Abfallvermeidungsziele festlegen und systematisch unterschiedliche abfallvermeidende Maßnahmen analysieren, die die verschiedenen Lebenszyklusstufen von Erzeugnissen betreffen. Neben der Darstellung des Ist-Zustandes soll das Programm ferner prüfen, ob und inwieweit neue Handlungsfelder für die Abfallvermeidung erschlossen oder bestehende erweitert werden können. Um das Programm an die Entwicklungsprozesse im Bereich der Abfallwirtschaft anzupassen, soll dieses alle 6 Jahre ausgewertet und bei Bedarf fortgeschrieben werden. Ein entsprechendes Forschungsvorhaben hat nunmehr einen Fortschreibungsbedarf festgestellt, sodass das BMU einen ersten, noch nicht innerhalb der Bundesregierung abgestimmten Entwurf veröffentlicht hat. Da die im bestehenden Abfallvermeidungsprogramm von 2013 genannten Ansatzpunkten, Maßnahmen und Zielen nicht an Relevanz verloren haben, soll die Fortschreibung das Programm nicht ablösen, sondern ergänzen.

Der VKU begrüßt in seiner Stellungnahme vom 27.07.2020 den Fortschreibungsentwurf und die damit einhergehende Bestrebung die Abfallvermeidung weiter zu stärken. Besonders positiv hervorzuheben ist, dass die Abfallvermeidung nunmehr als gesamtgesellschaftlicher Prozess verstanden wird und sich die Maß-nahmen und Empfehlungen nicht nur an die öffentliche Hand richten. Die kommunalen Unternehmen leisten bereits seit Jahren einen wesentlichen Beitrag zur Abfallvermeidung. So werden Bürgerinnen und Bürgern aller Altersstufen Informationen und Schulungen verschiedenster Art angeboten, Tausch-, Leih- und Verschenkbörsen ins Leben gerufen oder Einrichtungen zum Erwerb von Second-hand Ware betrieben.

Auch im öffentlichen Auftragswesen ist die ökologische und nachhaltige Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen bereits fest verankert. Dies berücksichtigend sind neben den kommunalen Unternehmen nun auch andere Wirtschaftsakteure in den Blick zu nehmen. Denn sie stellen eine entscheidende Schaltstelle dar, um das Konsum- und Wegwerfverhalten unserer Gesellschaft zu verändern. So entscheiden sie über die Effizienz der Produktionsprozesse und über die Langlebigkeit der Produkte und damit schließlich auch über die Dauer der Nutzungsphase. Zu begrüßen ist ferner, dass ein Schwerpunkt der Fortschreibung auf der Nutzung von Mehrwegprodukten und der Reduzierung von Einwegprodukten liegt. Da nicht nur Produkte aus Einwegkunststoffen erheblich zur Vermüllung der Städte und der Meeresumwelt beitragen, betrachtet der vorliegende Entwurf die Problematik material- und stoffübergreifend. Allein ein umfassender Ansatz kann eine schrittweise Substitution der Einwegprodukte unabhängig der stofflichen Zusammensatzung durch Mehrwegprodukte schaffen und Verlagerungseffekte auf Produkte, die zumindest zu einem gleich hohen Abfallaufkommen führen, vermeiden.

Zu begrüßen sind ferner die Bestrebungen im Bereich des Versandhandels die Abfallvermeidung zu stärken und sich für material- und abfallärmere Versandverpackungen oder Mehrwegversandverpackungen einzusetzen. Schließlich ist seit Jahren feststellbar, dass der Anteil dieser Versandverpackungen in der blau-en Tonne deutlich steigt, wodurch die Abfallbehälter aufgrund des höheren Volumens der Verpackungen schneller gefüllt sind und in einem kürzeren Turnus durch die kommunalen Unternehmen geleert werden müssen.

Weiterhin ist zu begrüßen, dass die Nutzungsdauer bzw. die Langlebigkeit von Textilien gesteigert werden soll. Allein die Bewusstseinsbildung der Konsumenten ist dafür jedoch nicht ausreichend. Vielmehr könnte sich – insbesondere für minderwertige Textilien – die Etablierung einer erweiterten Herstellerverantwortung anbieten. Diese Herstellerverantwortung könnte bspw. den Einsatz von Sekundärfasern in Neuware, die kostenlose Übernahme nicht mehr tragbarer Kleidungsstücke von den Sammlern bzw. Sortierbetrieben oder die Beteiligung an den kommunalen Sammelkosten beinhalten. Kritisch zu betrachten ist der Fortschreibungsentwurf jedoch dahingehend, dass die Produkthersteller und die privaten Wirtschaftsakteure noch stärker in die Verantwortung genommen werden müssen. Schließlich sind diese nicht ansatzweise denselben Verpflichtungen unterworfen sind wie kommunale Unternehmen. Dabei genügt die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand bspw. im Bereich der Vergabe alleine nicht, um die bisherigen Produktionsabläufe der privaten Akteure tiefgreifend und nachhaltig zu verändern.