Daseinsvorsorge Klimaschutz
VKU bezieht Stellung zu den Eckpunkten der Carbon-Management-Strategie

Deutschland will bis zum Jahr 2045 klimaneutral werden. Der Klimawandel erzwingt dieses ehrgeizige Ziel. Unvermeidbare Restemissionen, auch aus der kommunalen Daseinsvorsorge, müssen dafür vor der Freisetzung abgeschieden und langfristig gespeichert werden, entweder im Untergrund oder in neuen Produkten.

21.03.24

Es ist heute unbestritten, dass das Abscheiden und Nutzen oder ggf. Speichern von Kohlenstoffdioxid (CO2) (Carbon Capture, Utilisation and/or Storage; CCU/S) von unvermeidbaren Restemissionen auf dem Weg zur Klimaneutralität unverzichtbar ist. Auch wird der Ausgleich von Restemissionen durch Negativemissionen an anderer Stelle erforderlich sein. Insbesondere, wenn zur Bekämpfung des Klimawandels ab 2050 die Treibhausgasemissionsbilanz netto negativ werden soll.

Bisher sind der CO2-Transport zur unterirdischen Speicherung und die unterirdische Speicherung im deutschen Bundesrecht jedoch nur in sehr geringem Umfang und nur für Erprobungs- und Demonstrationszwecke erlaubt, wobei die Länder festlegen dürfen, in welchen Gebieten dies zulässig ist.

Am 7. März 2024 hatte nun das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) die Entwürfe zu einer Novelle des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes (KSpG) und der Eckpunkte zur nationalen Carbon-Management-Strategie (CMS) den Verbänden zur Anhörung zugeleitet. Beide Entwürfe waren zuvor schon am 26. Februar 2024 – wie auch die Eckpunkte zur Langfriststrategie Negativemissionen zum Umgang mit unvermeidbaren Restemissionen (LNe) – der Öffentlichkeit vorgestellt worden.

Mit der Gesetzesnovelle wird das KSpG zum Kohlendioxid-Speicherungs- und Transportgesetz (KSpTG) und der Transport von CO2 in Deutschland zum Zwecke der anschließenden Speicherung erlaubt. Die Speicherung darf aber nur im Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone und des Festlandsockels zugelassen werden, nicht auf dem deutschen Festland. Für CO2 aus der Kohleverbrennung wird CCS ausgeschlossen.

Der VKU begrüßt diese Novelle und dabei, dass die dauerhafte Speicherung von CO₂ im geologischen Untergrund auf dem Gebiet des deutschen Festlands (onshore) in den CMS-Eckpunkten und im Entwurf zur Änderung des KSpG nicht vorgesehen ist. Damit werden etwaige Nutzungskonkurrenzen zur Wasserversorgung vermieden. Denn die Sicherheit der öffentlichen Trinkwasserversorgung und der dafür notwendige Grundwasser- und Ressourcenschutz sind für die Allgemeinheit von elementarster Bedeutung. Sie müssen deshalb Vorrang genießen vor der Nutzung von CCS.

Transport und ggf. Speicherung von CO2 sind in die nationale Carbon-Management-Strategie eingebettet. Der VKU hat deshalb zu den Eckpunkten der CMS am 21. März 2024 eine ausführliche Stellungnahme abgegeben.

Für den VKU ist der Kampf gegen den Klimawandel bei gleichzeitiger Wahrung der kommunalen Daseinsvorsorge ein Kernanliegen seiner Arbeit. Für die Erreichung der Klimaneutralität in Deutschland wird die CO2–Speicherung (CCS) bzw. –Nutzung (CCU) insbesondere auch für die kommunale Abfallwirtschaft, Abwasserwirtschaft und Negativemissionen der Energiewirtschaft zentral sein. Deshalb unterstützt es der VKU ausdrücklich, dass dieses Thema nun auf bundespolitischer Ebene angegangen wird. Da in dieser Legislaturperiode noch wichtige Weichen gestellt werden sollten, müssen die CMS zeitnah finalisiert und weitere Legislativvorschläge erarbeitet werden.

Der Entwurf der Förderrichtlinie Bundesförderung Industrie und Klimaschutz (FRL BIK) sieht die Einführung eines Fördermoduls zu CCU/S vor. Mit diesem Modul sollen Vorhaben der Industrie und der Abfallwirtschaft zum Einsatz oder zur Entwicklung von CCU/S gefördert werden können, soweit es sich um Sektoren gemäß der CMS handelt, in denen überwiegend „schwer vermeidbare“ CO2-Emissionen anfallen. Dabei muss gewährleistet werden, dass auch kommunale Unternehmen von der Förderung profitieren können.

Notwendig ist es vor allem auch, die „schwer vermeidbaren Emissionen“ in der CMS konsistent mit dem Wärmeplanungsgesetz klar zu definieren. Der VKU schlägt dafür eine Ergänzung zu den Eckpunkten der CMS vor:

Schwer vermeidbare Emissionen in der Abfallwirtschaft sind Emissionen, die bei der energetischen Verwertung von Abfällen unter Einhaltung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes oder bei der thermischen Behandlung von Klärschlämmen gemäß Klärschlammverordnung entstehen. Zu den geförderten Anlagen zählen ebenfalls Einrichtung zur Erzeugung von Biogas, die schwer vermeidbare Abfallstoffe aus anderen Sektoren nutzen (z.B. Klärgas oder landwirtschaftliche Abfälle).

In der CMS sollten dann stets dieselben Begrifflichkeiten wie in den Eckpunkten der „Langfriststrategie Negativemissionen“ und anderen nationalen Strategien verwendet und die erfassten Kategorien und Technologien auch vollständig benannt und gefördert werden (DA-CCU/S, WA-CCU/S, BE-CCU/S und PyCCU/S/BCR). Wichtig ist auch klarzustellen, dass für eine Förderung sowohl feste, flüssige/verflüssigte und gasförmige Biomasse als auch Biomasse aus unterschiedlicher Herkunft, wie Biogas, Deponiegas und Klärgas, zulässig sind.

Auf Basis der aktuellen Rahmenbedingungen ist eine großflächige Nutzung von CCU/S in (fossil betriebenen) Gaskraftwerken aufgrund der geringen Wirtschaftlichkeit kaum zu erwarten (hohe Investitionen, keine Förderung, geringe Vollbenutzungsstunden, beschränkte Nutzungsdauer aufgrund des Umstiegs auf nicht-fossile Brennstoffe spätestens bis 2045). CCS wird bei fossil befeuerten Gaskraftwerken auch nicht gefördert werden.

Die gerade abgeschlossene Reform des industriellen Emissionshandels der EU (EU-EHS I), womit die Anrechenbarkeit von CCU/S im Emissionshandel geregelt und praktische Hürden für den Aufbau einer Transportinfrastruktur beseitigt wurden, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Damit sich BECCU/S als auch WACCU/S wirtschaftlich darstellen lässt, wird ein Markt(rahmen) für Negativemissionen benötigt. Wie vor allem für CCS bereits im EU-EHS möglich, muss eine vergleichbare Finanzierungsmöglichkeit für negative Emissionen im EU-EHS integriert werden.

Die Förderbestimmungen für Klimaschutzverträge müssen so gestaltet werden, dass auch Thermische Abfallbehandlungsanlagen Zugang erhalten können. Das heißt, es darf weder eine zwingende Unterlegung des EU-Emissionshandels noch einen generellen Ausschluss von Stromerzeugungsanlagen geben.

Das Gelingen eines privatwirtschaftlich organisierten, wirtschaftlichen Betriebs von CO₂-Pipelines ist aus VKU-Sicht unter den heutigen Annahmen fraglich. Um die Investitionsrisiken der Netzbetreiber zu reduzieren und die Netzentgelte für die ersten Nutzer zu begrenzen, könnte auf den Vorschlag des Amortisationskontos zurückgegriffen werden, der auch bei der Wasserstoffinfrastruktur Anwendung findet. Das Risiko einer zu Beginn drohenden Ergebnislücke wird dabei durch staatliche Garantien reduziert.