Ausweisung mit Nitrat belasteter Gebiete in Nordrhein-Westfalen

Die zunehmende Belastung der nordrhein-westfälischen Gewässer mit Nitrat und sonstigen Verunreinigungen, unter anderem verursacht durch das Aufbringen von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, stellt nach wie vor ein zentrales Problem für die nordrhein-westfälische Wasserwirtschaft dar. Aus langjährigen Messreihen unserer Wasserversorgungsunternehmen geht hervor, dass sich die allgemeine Nitratbelastung nicht zum besseren hin entwickelt und sich somit nicht mit dem Bild der aktuell ausgewiesenen Fläche mit Nitrat belasteter Gebiete nach AVV GeA zum 01.03.2021 deckt.
Die VKU-Landesgruppe hat gemeinsam mit den Landesgruppen von BDEW und DVGW hierzu eine Stellungnahme erarbeitet und an befasste Landtagspolitikerinnen und –politiker sowie das Umwelt- und Landwirtschaftsministerium (MULNV) sowie das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) versendet. Hierüber haben wir bereits in der zurückliegenden Ausgabe des Landesgruppennewsletters berichtet. Inzwischen erreichte die VKU-Landesgruppe ein offizielles Antwortschreiben vom zuständigen Abteilungsleiter aus dem MULNV. Positiv hervorzuheben ist die grundsätzlich hohe Bereitschaft, Unklarheiten in der Ausweisung gemeinsam mit Land- und Wasserwirtschaft zu beseitigen zu wollen und für gegenseitiges Verständnis sowie eine gemeinsame Vorgehensweise zu werben.
Nichtsdestotrotz kann das Ministerium die verbändeübergreifende Kritik zum Ausweisungsprozess, der Methodik sowie dem Ergebnis nicht vollumfänglich nachvollziehen. Das MULNV vertritt die Position, dass die Ausweisung mit Nitrat belasteter Gebiete zum 01.03.2021 ziemlich genau die Nitratbelastung in Böden und Grundwasser abbilde sowie die zugrundeliegenden rechtlichen Vorgaben umsetze und deshalb nicht nach Ablauf der kürzest möglichen Frist zur Neuausweisung von 1 Jahr gemäß AVV GeA geändert werden müsse. Vielmehr beabsichtige man nach Ablauf der maximal möglichen Frist von 4 Jahren gemäß AVV GeA eine Neuausweisung der mit Nitrat belasteten Flächen in NRW. Insbesondere für diejenigen Trinkwassereinzugsgebiete, welche trotz bestehender bundesrechtlicher Regelung gemäß §6 AVV GeA aus verschiedenen Gründen nicht gesondert durch das MULNV im Rahmen der aktuellen Gebietsausweisung betrachtet werden konnten, stellt diese Zeitschiene vor erhebliche Probleme und die Gefahr, einen noch schlechteren Gewässerzustand zum Zeitpunkt der nächsten Gebietsausweisung aufzuweisen.
Inzwischen äußert auch die EU-Kommission erhebliche Bedenken, dass die Bundesrepublik die Inhalte der EU-Nitratrichtlinie in einem ausreichenden Ausmaß umsetzt und in nationales Recht überführt. Konkret wird bemängelt, dass viele der mit Nitrat belasteten Messstellen außerhalb der ausgewiesenen nitratbelasteten Flächen sind und man sich dieses Missverhältnis zwischen Datengrundlage und Ausweisungsergebnis nicht erklären kann. Fristgemäß antwortete die Bundesrepublik in Person von Bundesumweltministerin Schulze und Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner zum 10.09.2021. So geht aus dem Antwortschreiben hervor, dass man die Bedenken der EU-Kommission ausräumen und zur vollständigen Umsetzung des aktuellen Urteils des EUGH vom 21.06.2018 mit der EU-Kommission zusammenarbeiten wolle. Es bleibt jedoch fraglich, in welchem Ausmaß die Bundesrepublik ein erneutes Verfahren vor dem EUGH verhindern kann. Etwaige bundespolitische Entwicklungen haben maßgeblichen Einfluss auf die landespolitische Ausgestaltung der Gebietsausweisung und werden intensiv von der Landesgruppe verfolgt.