Kohleausstieg als Chance für NRW nutzen

Fast anderthalb Jahre nach dem Votum der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung und langem Ringen haben Bundestag und Bundesrat am 03.07.2020 den Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2038 beschlossen. Am 14.08.2020 ist das Gesetz offiziell in Kraft getreten. Am 01.09.2020 startete bereits die erste Ausschreibungsrunde, bei der vier Gigawatt Erzeugungskapazität zur Stilllegung ausgeschrieben wurden.
Der VKU hat die parlamentarischen Beratungen in den Wochen vor der Gesetzesverabschiedung sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene intensiv begleitet. So wurde unter anderem der stellvertretende VKU-Hauptgeschäftsführer Michael Wübbels als Sachverständiger im Wirtschaftsausschuss des Bundestages angehört. Der VKU NRW hatte bei der Landesregierung sowie Bundestagsabgeordneten aus NRW nochmals um Unterstützung geworben. Im Ergebnis erzielte der VKU einige wesentliche Verbesserungen für die kommunale Energiewirtschaft.
Besonders NRW stand wegen des hohen Anteils an jungen und modernen Steinkohlekraftwerken im Fokus der im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Maßnahmen. Neben Verbänden und Unternehmen hat sich vor allem die nordrhein-westfälische Landesregierung, aber auch viele Bundestags- und Landtagsabgeordnete sowie Kommunalpolitiker aus NRW maßgeblich für den Industrie- und Energiestandort NRW in den Prozess eingebracht. Dies gilt für die Rahmenbedingungen bei der Modernisierung von Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), aber insbesondere für die Frage der Entschädigung auch junger Steinkohlekraftwerke.
Im Bereich der KWK konnten denn auch zentrale Verbesserungen erreicht werden. Eine wichtige Forderung des VKU wurde mit Erhöhung der Grundförderung um 0,5 ct/kWh für KWK-Anlagen größer ein Megawatt, die nach dem 01.01.2023 in Betrieb gehen, weitreichend erfüllt. Damit besteht die Chance, trotz gestiegener Kosten eine Ausbaudynamik in Gang zu bringen. Auch wenn diese Erhöhung alleine noch nicht ausreichen kann, ist sie ein starkes Signal des Parlaments für den KWK-Ausbau und den Stellenwert der KWK im Kontext der Versorgungssicherheit. Verbesserungen wurden auch beim Kohleersatzbonus erzielt. Zukünftig wird hierbei nach Anlagenalter differenziert und der Bonus für die meisten Anlagenkategorien erhöht. Der VKU begrüßt die beschlossenen Veränderungen, auch wenn der Verband im Vorfeld für eine noch stärkere Anhebung des Bonus geworben hatte.
Auf die besondere Betroffenheit der jüngsten Steinkohlekraftwerksgeneration mit Inbetriebnahmejahren ab 2010 hatte auch der VKU früh hingewiesen und intensiv für gesonderte Regelungen geworben. Leichte Verbesserungen haben sich im Ausschreibungsdesign ergeben. Der Ausschreibungszeitraum wurde bis 2027 verlängert, wodurch sich eine weitere Ausschreibungsrunde ergibt und auch die Höchstpreise der jeweiligen Runden wurden nach oben korrigiert. In der Frage der Entschädigung dieser Anlagen sah der Gesetzentwurf zunächst vor, dass diese ohne Entschädigung in den Jahren 2031 bis 2033 stillgelegt werden. Die Folge wären sofortige Wertberichtigungen bei den Unternehmen in Höhe von jeweils mehreren hundert Millionen Euro gewesen. Zwar bleibt eine konkrete Regelung vorerst aus, jedoch soll in den Jahren 2022, 2026 und 2029 geprüft werden, ob für die jungen Steinkohleanlagen eine Anpassung des gesetzlichen Rahmens erforderlich ist. Entscheidend ist dabei außerdem, dass das Ziel, vorzeitige Wertberichtigungen zu vermeiden, explizit in das Gesetz aufgenommen wurde. Hier kommt es nun darauf an, die grundsätzlich richtigen Ansätze kontinuierlich zu beobachten, um rechtzeitig den konkret belastbaren Rahmen auch tatsächlich zu schaffen. Dabei setzt der VKU weiterhin auf die Unterstützung durch das Land NRW.
Mit dem Kohleausstieg und der gleichzeitigen Festschreibung des Ziels von 65% erneuerbare Energien bis 2030 ist der Einstieg in den Umstieg endgültig auch gesetzliche Realität. Es gilt nun insbesondere für NRW, die weiteren regulatorischen Rahmenbedingungen richtig zu setzen. Die Landesgruppe des VKU wird sich dazu weiterhin mit Vorschlägen einbringen. In den nächsten Jahren stehen Milliardeninvestitionen in den Bereichen erneuerbare Energien, Kraft-Wärme-Kopplung, Strom-, Gas- und Ladeinfrastruktur sowie Wasserstoff an. Die auf EU-, Bundes- und Landesebene in Aussicht gestellten Fördermittel sollten zielgerichtet eingesetzt werden, um weitere Investitionen der Unternehmen zu stimulieren.