Geplante Einschränkung kommunalwirtschaftlicher Betätigung: Landesregierung rudert zurück

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Die NRW-Landesregierung wollte die Spielräume zur wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen erheblich einschränken. Nach deutlicher Kritik der VKU-Landesgruppe NRW und der kommunalen Spitzenverbände NRW nimmt die Landesregierung von dem Vorhaben aber nun offensichtlich Abstand.

Am 15.12.2021 hatte das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung (MHKBG) einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Einführung digitaler Sitzungen für kommunale Gremien und zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften vorgelegt. Nach Ressortabstimmung und schriftlicher Anhörung u.a. des VKU NRW hat die Landesregierung am 18.01.2022 den Regierungsentwurf des Gesetzes beschlossen. Aktuell befindet sich der Gesetzentwurf im parlamentarischen Verfahren. In dessen Verlauf wurde eine weitere schriftliche Anhörung u.a. des VKU NRW durch den Kommunalausschuss des Landtages durchgeführt.

Der Regierungsentwurf enthält weitreichende Änderungen im Gemeindewirtschaftsrecht, die aus VKU-Sicht ganz überwiegend kritisch zu bewerten sind. Dies gilt in besonderem Maße für die darin beabsichtigte Ausweitung der Marktanalyse auf die energiewirtschaftliche Betätigung der Kommunen, die die Stadtwerke in NRW maßgeblich in ihrer Arbeit beeinträchtigen würde (Änderung in § 107 a Abs. 4 GO NRW). Problematisch ist auch die beabsichtigte Ausweitung von Minderheitsrechten im Rat im Falle der Marktanalyse (Änderung in § 107 Abs. 5 GO NRW). Das geplante Absehen von der Anzeigepflicht bei geringfügigen mittelbaren Beteiligungen ist dagegen zu begrüßen (Änderung in § 115 Abs. 2 GO NRW), wenngleich es einer entsprechenden Regelung auch beim Erfordernis der Ratsbefassung bedarf. Der Regierungsentwurf entspricht im Wesentlichen dem vorherigen Referentenentwurf, bis auf den Wegfall eines Vorhabens, verpflichtende Sachkundenachweise für Aufsichtsräte einzuführen.

Im Rahmen der schriftlichen Anhörungen hat der VKU NRW gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden NRW am 05.01.2022 eine Stellungnahme zum Referentenentwurf und am 11.03.2022 eine Stellungnahme zum Regierungsentwurf abgegeben. Im Wesentlichen wurde darin deutlich gemacht, dass von den beabsichtigten Änderungen des Kommunalwirtschaftsrechts bis auf einen Fall Abstand genommen werden sollte. Insbesondere die beabsichtigte Einführung einer Marktanalyse auch bei der energiewirtschaftlichen Betätigung wurde abgelehnt. Begrüßt wurde hingegen das geplante Absehen von der Anzeigepflicht bei geringfügigen mittelbaren Beteiligungen. Angeregt wurde, eine solche Regelung auch beim Erfordernis der Ratsbefassung zu ergänzen.

Nach Auswertung der Stellungnahmen der zweiten Anhörung haben die Regierungsfraktionen am 30.03.2022 einen Änderungsantrag zu dem Regierungsentwurf eingereicht, der in den weiteren Beratungen Berücksichtigung finden soll. Der Änderungsantrag sieht erfreulicherweise vor, die geplante Ausweitung der Marktanalyse auf die energiewirtschaftliche Betätigung wieder zu streichen. Dies ist als Erfolg des VKU NRW zu werten. Die Erleichterung bei der Beteiligung der Aufsicht bei geringfügigen mittelbaren Beteiligungen soll aber leider ebenfalls gestrichen werden. Wieder aufgenommen wurde das Vorhaben, Sachkundenachweise für Aufsichtsräte einzuführen. Laut Antrag ist Ergebnis der Anhörung, dass die Änderungen mit den betroffenen Akteuren noch umfassender zu diskutieren sind. In der nächsten Legislaturperiode soll die Debatte über die Reform des Gemeindewirtschaftsrecht in einem breiteren Gesamtzusammenhang geführt werden. Dies wird der VKU NRW eng begleiten.

Der Gesetzentwurf nebst Änderungsantrag soll am 01.04.2022 im Kommunalausschuss beschlossen werden. Die abschließende Beratung und Abstimmung im Landtagsplenum auf Basis der Beschlussempfehlung des Ausschusses ist für den 06.04.2022 geplant.