Landesregierung beabsichtigt Klarheit bei Abwassergebührenkalkulation

Das OVG-Münster hat am 17. Mai 2022 seine langjährige Rechtsprechung zur Kalkulation von Abwassergebühren geändert und der Klage eines Bürgers aus Oer-Erkenschwick stattgegeben. Das Urteil könnte die Abwassergebührenkalkulation in vielen Kommunen in NRW beeinflussen. Der Landesgesetzgeber hat unmittelbar nach dem Urteil reagiert und im Koalitionsvertrag angekündigt, Rechtssicherheit schaffen zu wollen. Am 28. September wurde ein diesbezüglicher Gesetzentwurf in 1. Lesung im NRW-Landtag behandelt.
Das Urteil des OVG Münster zur Kalkulation von Abwassergebühren vom 17. Mai 2022 ist ein Paukenschlag gewesen: Die Abwassergebührenkalkulation der Stadt Oer-Erkenschwick für das Jahr 2017 sei rechtswidrig, „weil die konkrete Berechnung von kalkulatorischen Abschreibungen und Zinsen zu einem Gebührenaufkommen führt, das die Kosten der Anlagen überschreitet.“ Mit diesem Urteil hat das OVG Münster seine seit 1994 bestehende Rechtsauffassung aufgegeben und den Landesgesetzgeber auf den Plan gerufen.
Die neue schwarz-grüne Landesregierung hat die durch das Urteil des OVG aufgekommene Rechtsunsicherheit aufgenommen und im Koalitionsvertrag angekündigt, Klarheit schaffen zu wollen. So heißt es: „Hinsichtlich der aktuellen Rechtsprechung zur Abwassergebühren- und entsprechenden Verzinsungsberechnung und den damit einhergehenden Auswirkungen werden wir den notwendigen Rechtsrahmen schaffen, um auch in Zukunft eine nachhaltige Abwasserwirtschaft finanzierbar zu gestalten.“
Sodann hat die Landesregierung am 28. September 2022 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften in erster Lesung in den NRW-Landtag eingebracht. Durch eine Änderung des Kommunalabgabengesetzes beabsichtigt die Landesregierung, grundlegende Regelungen zu kalkulatorischen Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen unmittelbar im Gesetz aufzugreifen und hierdurch das Gebührenrecht weiterzuentwickeln. Gleichzeitig berücksichtigt der Gesetzentwurf die Argumentation des OVG Münster vom 17. Mai 2022.
Der früher zulässige Nominalzinssatz, der sich aus dem fünfzigjährigen Durchschnitt der Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapiere inländischer öffentlicher Emittenten zuzüglich eines Aufschlags von 0,5% ergeben hat, wird dahingehend angepasst, dass der Gebührenkalkulation nunmehr lediglich ein dreißigjähriger Durchschnittswert exklusiv des Aufschlags in Höhe von 0,5% zugrunde gelegt werden darf. Ferner beinhaltet der Gesetzentwurf Regelungen zu Abschreibungen bei einer Verkürzung bzw. einem Entfall der Nutzungsdauer von Anlagegütern. Zur weiteren Beratung wurde der Gesetzentwurf an den zuständigen Ausschuss für Heimat und Kommunales überwiesen.