Vertragsanpassungsverlangen wegen Preisentwicklung bei Dieselkraftstoff Vertragliche Rechte müssen im Einzelfall geprüft werden
Viele Unternehmen werden von Vertragspartnern aufgefordert, laufende Verträge wegen der enorm gestiegenen Kraftstoffpreise und dem daraus resultierenden Minusgeschäft anzupassen. Ob entsprechende Vertragsanpassungen rechtlich geboten oder möglich sind, hängt stets vom Einzelfall und insbesondere davon ab, ob und in welcher Form Preisgleitklauseln in die Verträge aufgenommen wurden.
Die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine und der Wirtschaftssanktionen gegen Russland haben u.a. zu stark gestiegenen Kraftstoffpreisen, vor allem für Diesel, geführt. Aus der Transport- und Logistikbranche in Deutschland wird daher die Frage laut, ob bestehende Verträge so anzupassen sind, dass die hierdurch entstehenden Kostensprünge nicht einseitig zu Lasten eines Vertragspartners gehen.
Diese Frage ist grundsätzlich im Einzelfall zu entscheiden. Zunächst kommt es darauf an, ob in einem konkreten Fall einschlägige Preisgleitklauseln vorliegen, die das betroffene Kostenrisiko erfassen. Ist dies nicht der Fall, sind im konkreten Vertrag die allgemeinen Grundsätze zu Vertragsanpassungen zu prüfen.
In vielen Verträgen sind Preisgleitklauseln etabliert. Diese verhindern das starre Festhalten an einmal gesetzten Preisen, so dass (ausreichend hohe) Preisschwankungen berücksichtigt und gerecht auf die Vertragsparteien verteilt werden können. Hier ist festzuhalten, dass – sollte der jeweilige Vertrag eine solche Klausel enthalten – immer eine Einzelfallprüfung der Anpassungsmöglichkeiten erfolgen muss. Relevant ist, ob die Klausel insbesondere auch eine Abbildung der Kraftstoffkostenentwicklungen zulässt. Teilweise sind Anpassungen auch nur zu bestimmten Zeitpunkten möglich.
Grundsätzlich gilt, dass bei entsprechender Ausgestaltung eine Preisgleitklausel die Möglichkeit zur Kostenanpassung eröffnet. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass die aktuelle Entwicklung der Kosten nicht vorhergesehen werden konnte. Hierdurch konnten die Parteien die Entwicklung nicht zur Kalkulationsgrundlage der Angebote bzw. zur Vertragsgrundlage machen. Die aktuelle Kostensteigerung, u.a. bei Dieselkraftstoff, darf sicherlich auch als erheblich angesehen werden, sodass ein ausreichendes Interesse des Vertragspartners an einer Anpassung bestehen wird.
Fraglich ist allerdings, wie lange der Vertragspartner die gesteigerten Kosten hinnehmen muss, bis ihm ein entsprechender Anpassungsanspruch zusteht.
Ähnlich kann auch im Falle von sog. „Wirtschaftsklauseln“ im Vertrag argumentiert werden.
Ob eine Vertragsanpassung nach den allgemein gültigen Regelungen des § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) beansprucht werden kann, kann nicht abschließend eindeutig und rechtssicher beurteilt werden. Zwar sprechen einerseits gute Gründe dafür, entsprechende Wünsche von Vertragspartnern zu berücksichtigen. Andererseits sind insbesondere Unternehmen in öffentlich-rechtlicher Rechtsform gehalten, ihre Kosten (und soweit sie Benutzungsgebühren erheben auch diese) gering zu halten und keine ungerechtfertigten Ansprüche Dritter zu bedienen.
Bislang sind Situationen wie die aktuelle nicht Gegenstand der deutschen Rechtsprechung gewesen.
Erforderlich für eine Anpassung nach § 313 BGB ist eine schwerwiegende Veränderung. Das normale Veränderungsrisiko tragen die Parteien selbst. Der Bundesgerichtshof folgt bei der Beurteilung keiner festen Quote. Zur Konkretisierung wird auf das Tatbestandsmerkmal des hypothetischen Parteiwillens abgestellt, wonach die Veränderung so bedeutsam sein muss, dass unzweifelhaft zumindest eine Partei den Vertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn sie das Fehlen oder den Wegfall der Vertragsgrundlage gekannt oder vorhergesehen hätte. Es fehlt jedenfalls dann an einer schwerwiegenden Veränderung, wenn sich bloß das eingegangene Risiko verwirklicht. Insofern kommt es wesentlich auf die Risikoverteilung im Vertrag an.
Bei einer nur vorübergehenden Störung eines Dauerschuldverhältnisses ist zudem auf die voraussichtliche Dauer der Störung abzustellen. Ob es sich um eine nachhaltige, das Dauerschuldverhältnis langfristig aus dem Gleichgewicht bringende Störung handelt, ist noch unklar.
Als letztes Merkmal ist das zumutbare Festhalten am Vertrag anzunehmen. Auch hier lässt sich mit guten Argumenten vertreten, dass die Preissteigerung zu erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen führt, die unbilliger Weise beim Auftragnehmer verbleiben würden, wenn eine Anpassung nicht stattfindet.