OLG Düsseldorf beurteilt Preisänderungen in der „Gaskrise“
Unzulässige Preisänderung bei eingeschränkter Preisgarantie - OLG Düsseldorf

Die Verbraucherzentrale (VZ) NRW informierte mit einer Pressemitteilung vom 23.02.2023, dass das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf an diesem Tag in einem Verfahren der VZ u.a. gegen die ExtraEnergie GmbH auf Unterlassung von Preiserhöhungen in Energielieferverträgen mit eingeschränkter Preisgarantie ein finales Urteil verkündet hat.

30.03.23

Die ExtraEnergie GmbH hatte Ende Juli 2022 gegenüber verschiedenen Gas- und Stromkunden, mit denen sie eine eingeschränkte Preisgarantie vereinbart hatten, eine Preiserhöhung zum 01.09.2022 angekündigt und diese auf deren Sonderkündigungsrecht verwiesen. Zur Begründung hatte die ExtraEnergie GmbH eine Störung der Geschäftsgrundlage wegen der unvorhersehbaren Situation durch den Krieg in der Ukraine und die anhaltenden staatlichen Eingriffe in den Energiemarkt genannt.

Das LG Düsseldorf erließ auf Antrag der VZ NRW am 26.08.2022 eine einstweilige Verfügung, mit der der ExtraEnergie GmbH u.a. untersagt wurde, bei Strom- und Gaslieferverträgen außerhalb der Grundversorgung, in denen für eine bestimmte Dauer eine Preisfixierung für die Strom- und Gaslieferung vereinbart wurde, einseitig eine Erhöhung des Strom- und Gaspreises mitzuteilen (Az.: 12 O 247/22). Auf den Widerspruch der ExtraEnergie GmbH bestätigte das LG Düsseldorf mit Urteil vom 23.11.2022 die einstweilige Verfügung, u.a. mit der Begründung, die ExtraEnergie GmbH führte ihre Kunden mit dem Preisanpassungsschreiben über die tatsächlich zu zahlenden Preise in die Irre. Es werde der Eindruck erweckt, der ExtraEnergie GmbH stünde ein Recht zur Preisanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage zu. Dies sei indes nicht der Fall. Das Risiko steigender Beschaffungskosten hätten die ExtraEnergie GmbH aufgrund der vereinbarten und im Markt bei entsprechenden Verträgen üblichen eingeschränkten Preisgarantie zu tragen. Etwaige Fehlvorstellungen der Antragsgegnerinnen über die Entwicklung der Energiebeschaffungspreise auf dem vorgelagerten Markt rechtfertigten keine Vertragsanpassung. Da die ExtraEnergie GmbH  das Risiko der steigenden Beschaffungskosten bewusst einseitig übernommen hätte, müsste sie sich hieran festhalten lassen.

Laut eigener Pressemitteilung hat das OLG Düsseldorf mit Urteil vom 23.03.2023 | Az.: I-20 U 318/22 den Unterlassungsanspruch der VZ NRW auf die Berufung der ExtraEnergie GmbH abgewiesen. Das OLG kam zu dem Ergebnis, dass sich die VZ NRW nicht mit Erfolg mit einer Unterlassungsklage gegen eine einseitige Preisanpassung die ExtraEnergie GmbH als solche wenden kann. Dass die von der ExtraEnergie GmbH vertretene Auffassung, zur einseitigen Preisanpassung berechtigt (gewesen) zu sein, unrichtig ist, stellt keine Täuschung des Kunden dar. Das Urteil ist rechtskräftig. Eine Revision zum BGH ist nicht möglich, weil es sich um ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung handelt.

Der ExtraEnergie GmbH stand zwar nach der Auffassung des OLG ein Recht zur einseitigen Preiserhöhung, gestützt auf § 313 BGB nicht zu, weil der Gesetzgeber auf die "Gaskrise" reagiert und in § 24 EnSiG ein spezialgesetzliches Preisänderungsrecht eingeführt hat, das die Anwendung des § 313 BGB verdrängt. Dass die Voraussetzungen des § 24 EnSiG nicht vorliegen, weil die BNetzA nicht eine erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen festgestellt hat, ist unerheblich. Der Gesetzgeber hat mit der Einführung des § 24 EnSiG zu erkennen gegeben, dass ein einseitiges Preiserhöhungsrecht der Versorger nur unter ganz engen Voraussetzungen möglich ist.

Der Unterlassungsanspruch der VZ NRW hat jedoch deswegen keinen Erfolg, weil es an einem Rechtsschutzbedürfnis für ein Unterlassungsbegehren gegen Äußerungen u.a. dann fehlt, wenn damit unmittelbar auf die Rechtsverfolgung in einem gerichtlichen oder behördlichen Verfahren Einfluss genommen werden soll. Damit scheidet eine Verurteilung zur Unterlassung einer einseitigen Preisanpassung als solche gegenüber Kunden aus. Ohne eine derartige Gestaltungserklärung könnte die Antragsgegnerin das von ihr beanspruchte Recht nicht wahrnehmen und dessen Berechtigung im Verhältnis zu Kunden nicht klären. Im Übrigen handelt es sich bei der Preisanpassungserklärung auch nicht um eine täuschende Angabe.

Demgegenüber darf die ExtraEnergie GmbH nicht in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Klausel verwenden, in der in Verträgen mit unbestimmter Laufzeit und Preisfixierung ein beidseitiges Kündigungsrecht mit einer Frist von einem Monat eingeräumt wird. Eine solche Klausel führt zu einer vollständigen Aushöhlung der Preisgarantie und ist unwirksam. Insoweit hat das OLG die Berufung der ExtraEnergie GmbH zurückgewiesen.

Die VZ NRW hat zu dem OLG-Urteil in ihrer Pressemitteilung vom 23.02.2023 die vom OLG Düsseldorf festgestellte Rechtswidrigkeit der Preiserhöhungen der ExtraEnergie GmbH hervorgehoben und darauf hingewiesen, dass der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) darüber hinaus aktuell prüft, im Wege einer Musterklage verbindlich feststellen zu lassen, dass die Preiserhöhungen von ExtraEnergie unwirksam waren.